(Mineral)Wasser-Krise im Chiemgau – Hamsterkäufe und leere Regale

von Redaktion

Rund 25000 Menschen von Abkochverfügung betroffen – Supermärkte der Region melden Ansturm – Nachbestellungen laufen

Prien – Klaus-Peter Lessmann hatte sich am Dienstagabend noch schnell zwei Gebinde stilles Wasser gesichert. Am Mittwochvormittag war er schon wieder beim Lidl in Prien. Noch mal zwei Sechserpacks der grünen Plastikflaschen kaufen. Im Rewe-Markt war ein älterer „Wasserhamster“ gleich mit sechs Kästen unterwegs und meinte: „Das ist ja wie nach dem Zweiten Weltkrieg“.

Der Chiemgau legt sich Wasser-Vorräte an: Schließlich weiß ja noch niemand, wie lange die wegen Fäkalkeimen im Trinkwasser erlassene Abkochverfügung in vielen Orten zwischen Chiemsee und Simssee noch bestehen wird. Am Mittwoch wurde sie vom Gesundheitsamt Rosenheim ausgeweitet. Die Bürger in den Riederinger Ortsteilen Parnsberg, Albersberg, Tiefenthal, Kreut, Farnach, Rögling, Wurmsdorf, Mangolding, Ofenwinkl und Anisag müssen nun ebenfalls ihr Trinkwasser abkochen. „Aktuelle Erkenntnisse des Gesundheitsamts haben ergeben, dass die genannten Ortsteile bis einschließlich Montag, 25. November, das Trinkwasser aus dem Zweckverband zur Wasserversorgung der Chiemseegruppe bezogen haben“, hieß es zur Begründung. Damit dürften inzwischen bis zu 25000 Menschen von der „Wasser-Krise“ im Chiemgau betroffen sein. Das schürt existenzielle Sorgen – und treibt nicht nur Klaus-Peter Lessmann in den Supermarkt. In diesen Stunden sind „Hamsterkäufe“ von Mineralwasser in der betroffenen Region eher die Regel. Beim Lidl in Prien war am Dienstagabend das kostbare Flaschennass zwischenzeitlich ausverkauft, am Mittwoch konnte der enorme Bedarf bis Mittag nur mit zwei großen Lieferungen gedeckt werden.

Edeka Coban in der Marktgemeinde hatte wegen des „großen Andrangs“ rechtzeitig „nachbestellt“. Bei Norma in Prien waren die großen Mineralwasser-Gebinde am Mittwoch ausverkauft und nur ein Rest kleinerer Flaschen vorrätig. Damit waren die Bürger in Prien auf ihrer „Wasser-Jagd“ noch vergleichsweise gut dran, denn bei Edeka Summerer in Rimsting waren das preislich günstige Mineralwasser in Plastikflaschen ausverkauft.

„Es ist mehr als ärgerlich, wenn die Leute zu uns kommen und können das gewünschte Wasser nicht kaufen. Aber es ist einfach nix mehr da, nur noch das teurere Wasser in Glasflaschen, aber das wollen viele Leute nicht. Viele wollen Wasser auf Vorrat kaufen“, sagte Markt-Mitarbeiterin Sabine Gasbichler dem OVB am Telefon. Heute erwartet der Rimstinger Supermarkt eine neue Ladung Mineralwasser. Wann sie genau kommen wird, werde allerdings „eine Überraschung“. Auch in Gstadt beim Supermarkt Josef Huber bestätigte eine Verkäuferin, dass die „Gut und Günstig“-Packs mit Mineralwasser ausverkauft seien. „Das ist wirklich kein normaler Novembertag. Es ist schon sehr viel Nachfrage“, bestätigt auch Bernhard Stein vom Priener Getränkeschuppen den OVB-Heimatzeitungen. In seinem Lieferservice steht Mineralwasser ebenfalls ganz oben auf der Wunschliste vieler Besteller. Abkochen ist mühsam und für die Kaffeemaschine genau wie andere Alltags-Beschäftigungen braucht man jede Menge von dem sonst immer leicht verfügbaren Stoff. Stein: „Ich habe acht Paletten Mineralwasser nachbestellt, die ich auch am Donnerstag geliefert bekomme. Jetzt kommt es ganz drauf an, wie lange diese Abkochverfügung gelten wird. Wenn das zwei Wochen so weitergeht, wird sicher auch der Großhandel Probleme bekommen.“

Das ist beim Zweckverband der Chiemseegruppe Breitbrunn natürlich bekannt und es wird fieberhaft nach der Ursache für die nachgewiesenen Fäkalkeime (intestinale Enterokokken) im Trinkwasser gesucht. Diese waren im Wassernetz von Breitbrunn nachgewiesen worden. Die Wasserverbindung nach Prien und Rimsting wurde daraufhin sofort abgeriegelt. Jetzt hängt alles davon ab, wie die am Dienstag entnommenen Wasserproben in den betroffenen Gemeinden ausfallen. Werden Keime nachgewiesen, gibt es nach 24 Stunden einen „Vorbescheid“ vom Labor, wie Benjamin Simeth verrät. „Ist die Probe in Ordnung, gibt es erst nach 72 Stunden das Ergebnis“, so der Leiter der Wasserwerke Prien.

Das bedeutet, dass die betroffenen Bürger ihr Wasser noch eine Weile abkochen müssen. „Wir gehen davon aus, dass wir bis Freitag eine Richtung haben“, so Simeth im OVB-Gespräch. Falls das Trinkwasser längere Zeit nicht sicher keimfrei sei, gibt es eine weitere Alternative: „Dann könnten wir das Wasser chloren. Aber da wollen wir möglichst nicht hin.“ Ansonsten könnte der Ansturm auf den Rest der Mineralwasser-Vorräte in den Supermärkten noch weiter zunehmen.

Lars Becker und Alexandra Dachs

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