Nachspiel in der Kuss-Affäre

von Redaktion

Ex-Landgerichtspräsident Ludwig Kroiß geht in Berufung gegen Bewährungsstrafe

Traunstein/München – Sechs Monate Haft, ausgesetzt zur Bewährung – dieses Urteil hatte Professor Dr. Ludwig Kroiß am 5. Juni vorigen Jahres zu schlucken. Am Amtsgericht München wurde der frühere Präsident des Traunsteiner Landgerichts wegen sexueller Belästigung verurteilt. Im September 2021 soll er in seinem Büro nach Feierabend eine Sekretärin auf den Mund geküsst haben. Doch Kroiß, inzwischen im Ruhestand, will das Urteil nicht auf sich sitzen lassen und geht in Berufung.

Termine für fünf
Verhandlungstage

Inzwischen sind auch die Termine für die Berufungsverhandlung festgesetzt. Gleich fünf Tage sind am Landgericht München I für den Fall reserviert: 25. und 26. Juni sowie 1., 2. und 3. Juli. Die Verhandlungen beginnen jeweils um 9 Uhr, wie Laurent Lafleur, Pressesprecher des Oberlandesgerichts München, auf Nachfrage den OVB-Heimatzeitungen mitteilt. Auch Kroiß‘ Verteidiger, Andreas von Máriássy und Anita Süßenguth, forderten in der ersten Instanz Freispruch.

„Er war mein Vorgesetzter, er ist Professor. Und ich wollte keine Nachteile haben“, beschrieb die 34-jährige Ex-Sekretärin von Kroiß in der ersten Verhandlung ihr schwieriges Verhältnis zum Angeklagten. Am 1. September 2021 lud sie der damalige Gerichtspräsident nach Feierabend wie so oft in sein Büro zum Umtrunk – allein. Nach ein paar Gläsern Wein verabschiedete sich Ludwig Kroiß von der Sekretärin mit einigen Umarmungen – dann habe er ihr einen Kuss auf die Lippen gedrückt. „Ich habe mich sehr, sehr unwohl gefühlt“, so die Frau damals. Der Vorfall habe sie psychisch komplett aus der Bahn geworfen.

Eine schwierige „Aussage-gegen-Aussage-Konstellation“ erkannten dagegen die Verteidiger. Kroiß selbst sprach von „Skandalen“ bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und witterte ein „Komplott“.

„Es möchte mir
jemand etwas Böses“

Er sagte: „Es möchte mir jemand etwas Böses. Und ich weiß auch, wer es ist.“ Ludwig Kroiß wurde schon vor der ersten Verhandlung vom Dienst suspendiert, seine Pension gekürzt. „Und den Rufschaden können Sie sich nicht vorstellen.“ Mit der Umarmung an jenem Tag habe er sich bei seiner Sekretärin vielleicht „ungelenk verabschiedet“. Doch er sei sich keiner Schuld bewusst. 

Der Präsident des Traunsteiner Landgerichts steht auch den Amtsgerichten von Rosenheim, Traunstein, Mühldorf, Altötting und Laufen vor – und damit über 700 Mitarbeitern. Präsidentin des Landgerichts, erstmals in der 700-jährigen Geschichte eine Frau, ist seit April 2024 Anja Kesting. xe

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