Schwammerl-Frust im Chiemgau

von Redaktion

Schwammerlsucher brauchen aktuell gute Nerven: Der Start in die Saison verlief frustrierend und bislang ist keine Besserung im Chiemgau in Sicht. Doch an Überraschungen mangelt es nicht, wie ein Beispiel aus dem Traunsteiner Stadtwald bei Froschham oder ein Fund zwischen Waging und Traunreut zeigt.

Landkreis Traunstein – Der Start in die neue Pilzsaison verlief für die meisten Schwammerlsucher enttäuschend. Wer Ende April, Anfang Mai in den Auwäldern an Alz, Traun und Salzach nach Morcheln Ausschau hielt, der kam größtenteils mit leerem Korb heim. Es hat zu wenig geregnet und dem Boden hat die Feuchtigkeit gefehlt, sodass sich das Pilzmyzel im Boden nicht entwickeln konnte.

Maischwammerl
bleiben aus

Unmittelbar nach der missglückten Morchelsaison findet man in lichten Laubwäldern üblicherweise die ersten Lamellenpilze, die Maischwammerl. Aber auch die blieben in diesem Jahr vielerorts aus.

In der ersten Junihälfte konnte man dann im Chiemgau nördlich der Autobahn auf die ersten Reherl, Steinpilze und Hexenpilze hoffen. Doch mehrere „Pirschgänge“ in den ersten beiden Juniwochen brachten auch hier keine Beute. Und das, obwohl es in dieser Zeit an die 60 Liter pro Quadratmeter geregnet hatte. Bei den Unwettern in der Region zum Wochenanfang kamen mancherorts noch bis zu 70 und mehr Liter dazu. Diese Mengen sind allerdings immer noch zu wenig, als dass sie tief genug in den Boden eindringen und so das Wachstum anregen. Ganz überraschend fand unser Mitarbeiter stattdessen auf einem alten Baumstumpf mitten im Monat Juni eine große Gruppe von Austernseitlingen, ein typischer Winterpilz. Es ist ein beliebter Speisepilz, den man kultivieren und deshalb auch in Lebensmittelgeschäften kaufen kann. Der Austernseitling wird auch als „Kalbfleischpilz“ bezeichnet, weil sein milder Geschmack ein wenig an Kalbfleisch erinnert. Er hat muschelförmige Hüte. Durch Zuchtformen ist er heute ganzjährig verfügbar – und wie der jetzige Fund in einem Wald zwischen Traunreut und Waging zeigt, wächst er jetzt sogar im Frühsommer.

Bei der nächsten Pilztour stieß unser Schwammerl-
sucher auf eine weitere Überraschung: Im Traunsteiner Stadtwald bei Froschham auf Waginger Gemeindegebiet entdeckte er blühende Tulpenbäume. Diese Baumart, die mit den Magnolien verwandt ist, stammt aus Nordamerika und gedeiht auch in Europa. Sie bevorzugt ein mildes Klima. Vor etwa 20 Jahren hat der damalige Stadtförster Gerhard Fischer die ersten Tulpenbäume im Stadtwald gepflanzt. Sie haben sich prächtig entwickelt und wachsen Jahr für Jahr um etwa einen halben Meter in die Höhe. Sie können über 35 Meter hoch werden. Das Holz des Tulpenbaumes ist bei Schreinern und Instrumentenbauern begehrt. 

Vor ein paar Jahren haben die Bäume in Froschham zum ersten Mal geblüht. Die gelben Blüten sind im Wald ein ganz außergewöhnlicher Blickfang. Der Baum soll dank seines weitverzweigten und tief reichenden Wurzelsystems toleranter gegen Trockenheit sein als andere Bäume. Der ehemalige Stadtförster Gerhard Fischer glaubt, dass diese Art eine von vielen sein kann, die beim Waldumbau helfen kann.

Sein Nachfolger Tobias Fischer ergänzte kürzlich bei einer Waldführung, dass in Froschham inzwischen 54 Baumarten gedeihen.

54 Baumarten
gedeihen im Wald

Wer sich dafür interessiert, kann seit Neuestem das Holz von mehr als 30 dieser Arten begutachten. Am Forsthaus, dem ehemalige Mesnerhaus unweit des Froschhamer Kircherls, sind halbierte Stammstücke ausgestellt und beschriftet.

Man sieht also: Wer mit offenen Augen durch den Wald geht, der muss nicht enttäuscht sein, wenn der Schwammerlkorb das eine oder andere Mal leer bleibt. Es gibt immer wieder etwas zu sehen, zu hören und zu entdecken in unseren heimischen Wäldern.

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