Das Schwammerl-Paradies in den Bergen

von Redaktion

Die Schwammerl-Saison ist eröffnet, doch sie spaltet die Region: Im Flachland gähnende Leere, in den Bergen volle Körbe. Wir erklären, was hinter dem Phänomen steckt, welche seltenen Arten jetzt auftauchen und worauf man bei der Suche unbedingt achten muss.

Rosenheim/Mühldorf/Traunstein – Die Schwammerlsucher mussten in diesem Sommer lange warten, ehe sie ihre Körbe mit schmackhaften Speisepilzen füllen konnten. Im „Flachland“, also in der Region nördlich der Autobahn München-Salzburg in den Landkreisen Traunstein, Mühldorf, Altötting und Rosenheim, bleiben die Körbe bei vielen Pilzgehern fast leer oder sind nur spärlich gefüllt. Ganz anders dagegen in den Bergregionen und in den Voralpen: In den Wäldern um Inzell, Ruhpolding, Schleching und Grassau gab es in der zu Ende gehenden Woche eine wahre Pilzschwemme, wie sie erfahrene Schwammerlsucher schon seit Jahren nicht mehr erlebt haben. Mit Sommersteinpilzen und Reherln konnte man seinen Korb fast mühelos füllen. Auch frühe Täublinge und die beliebten Perlpilze wuchsen in großer Zahl und ließen Schwammerlsucher-Herzen höherschlagen.

Der Sommer bringt ideales Pilz-Wetter

Grund für die von vielen herbeigesehnte Pilzschwemme ist das Wetter. Die ergiebigen Regenfälle in den letzten beiden Wochen haben ideale Voraussetzungen für das Pilzwachstum geschaffen. So richtig losgegangen ist das Wachstum der beliebten Speisepilze dann vor etwa zehn Tagen und hat bisher nicht nachgelassen. Außergewöhnlich in jeder Hinsicht verliefen diese Woche die Pilztouren im Bergwald. Die Steinpilze waren so gut wie überhaupt nicht von Maden befallen, was angesichts des derzeit schwülwarmen Wetters sehr ungewöhnlich ist. Die leuchtend gelben Reherl oder Pfifferlinge, die in manchen Bergwäldern massenhaft vorkommen, bilden heuer sehr große Fruchtkörper aus, sodass die Ernte deutlich weniger Mühe macht.

Steinpilze und Reherl sind und bleiben zwar die beliebtesten Speisepilze. Beide Arten sind aber nördlich der Autobahn ziemlich rar, sodass man seinen Korb mit anderen Arten füllen muss. Im Frühsommer bis in den August hinein sind das vor allem Perlpilze und der beim Anschneiden blau anlaufende Hexenröhrling. Auch verschiedene Täublinge und Röhrenpilze wie Ziegenlippe und Rotfußröhrling nehmen versierte Schwammerlsucher gerne mit. Die beliebten Maronenröhrlinge lassen derzeit noch auf sich warten. Sie sind typische Pilze des Spätsommers und Frühherbstes. Mit etwas Glück findet man sie im Fichten-Hochwald in großer Zahl. An Waldrändern gibt es zur rechten Zeit auch den prächtigen Parasol oder Riesenschirmling, der jedem Schwammerlgericht eine ganz besondere Geschmacksnote verleiht. Spricht man von besonderer Geschmacksnote, dann fällt älteren Pilzfreunden unweigerlich der Milchbrätling ein. Es war schon früher immer etwas ganz Besonderes, diesen Pilz zu finden. Heute ist er noch seltener.

Außergewöhnliche Funde in Traunstein

Wolfgang Moser aus Trostberg-Schwarzau erzählte im vergangenen Jahr unserem Mitarbeiter, dass er kurz zuvor noch einige gefunden habe. Und auch der Pilzexperte Till Lohmeyer berichtete letztes Jahr vom Fund außergewöhnlicher Brätlinge im Großraum Traunstein; außergewöhnlich, weil sie eine besonders helle Färbung aufwiesen.

Außergewöhnlich ist auch der Fund, den ein Traunreuter Schwammerlfreund letzte Woche am Teisenberg gemacht hat: ein Baumstumpf voller Hallimasch. Dieser Pilz erscheint nämlich normalerweise erst im Herbst. Wie sich die Pilzwelt im Lauf der Jahrzehnte verändert, zeigt sich auch daran, dass neben den herkömmlichen Reherln immer öfter Amethystpfifferlinge in den heimischen Wäldern sprießen. Sie haben zusätzlich zur üblichen gelben Farbe im Zentrum und an den Rändern der Kappe eine amethystfarben schimmernde Haut.

Wer nach diesem Beitrag Lust darauf bekommen hat, selbst einen Waldspaziergang zu unternehmen und sich eine Pilzmahlzeit zu sichern, der sollte unbedingt die Grundregel beachten, dass man nur mitnimmt, was man sicher bestimmen kann. „Sicher bestimmen“ heißt aber nicht, jeden Pilz abzuschneiden und zu versuchen, ihn richtig zuzuordnen. Alles, was man nicht kennt, sollte man stehen lassen. Vielleicht kommt ja nach einem noch ein anderer Pilzsucher, der sich besser auskennt und sich über den Fund freut. Wer sein Pilzgericht genießen will, der sollte nur junge Pilze ernten. Im Zweifelsfall gibt bei Röhrlingen eine Druckprobe Auskunft, ob man den betreffenden Schwammerl noch mitnehmen kann.

Und wer ins benachbarte Österreich fährt, der sollte sich zuvor unbedingt informieren, wo man wie viel mitnehmen darf. Wird man mit zu vielen Pilzen erwischt, kann der Ausflug in den Wald schnell zu einem äußerst kostspieligen Vergnügen werden.

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