Übersee/Prien – Die großangelegte Suche nach dem seit Sonntag, 17. August, am Chiemsee vermissten Surfer (85) aus München dauert weiter an. Doch die Hoffnung schwindet.
Jürgen Thalmeier, Leiter der Polizeiinspektion Prien und zuständig für die Wasserschutzpolizei auf dem Chiemsee, spricht über die enormen Herausforderungen, die Grenzen des Machbaren und erklärt, warum die Einsatzkräfte trotzdem unermüdlich weitermachen.
Die Fakten des Unglücks sind bekannt: Erich Bautz, ein 85-jähriger Münchner, erfahrener Surfer und Dauercamper am See, startet am Sonntag gegen 16.15 Uhr von seinem Liegeplatz aus. Als er nicht zurückkehrt, beginnt eine massive Suchaktion von Wasserwacht, DLRG und Feuerwehr, die nur in der Nacht unterbrochen wird. Gefunden wird nur die Surfausrüstung. Seit Montag liegt die Federführung des Einsatzes auf dem Wasser bei der Wasserschutzpolizei (WSP) in Prien.
Nachdem der Großeinsatz in der Nacht auf Montag gegen 0.45 Uhr von der Einsatzleitung zunächst unterbrochen worden war, liefen die Suchmaßnahmen bei Tagesanbruch am Montagmorgen wieder an. Dabei kam es, wie der Kreisfeuerwehrverband Traunstein erklärt, zu einer strategischen Neuausrichtung des Einsatzes. Während am Sonntagabend noch eine kombinierte Land- und Wassersuche stattgefunden hatte, verlagerte sich der Fokus nun vollständig auf den See selbst. Die Suche sei „mit starken Kräften der Wasserrettung fortgesetzt“ worden. Die Feuerwehr, die am Vortag noch mit rund 35 Aktiven und hohem Personalaufwand die schwer zugänglichen Uferbereiche, Schilfzonen und Gebüsche kontrolliert hatte, „wurde dazu nicht mehr gebraucht.“ Stattdessen übernahmen die Spezialisten von BRK-Wasserwacht und DLRG unter der Federführung der Wasserschutzpolizei Prien die weitere Suche auf dem Wasser, um gezielt nach dem im See vermuteten Surfer zu suchen.
Die Arbeit auf dem Chiemsee stellt sich indes als zermürbend und technologisch anspruchsvoll dar: „Wir sind auch heute wieder aktuell draußen und überprüfen Anhaltspunkte, die sich aus unseren Ermittlungen ergeben haben“, erklärt Polizeichef Jürgen Thalmeier. Sein Team sucht den Seegrund mit Sonar und Unterwasserkameras ab. Dabei entstehen immer wieder Bilder, die Hoffnung machen – oft vergeblich. „Das, was sich auf dem Monitor darstellt, ist die eine Sache. Man hat da oftmals einen Hoffnungsschimmer, dass man fündig wird, aber wenn man dann mit Tauchern runtergeht, hat sich die Hoffnung oftmals zerschlagen“, beschreibt Thalmeier die schwierige Realität. Der See selbst sei dabei die größte Herausforderung, denn: „Der Chiemsee ist teilweise 60, 70 Meter tief. In der Tiefe da nochmal mit standardisierter Ausrüstung jemanden zu lokalisieren oder zu finden, wird natürlich immer schwieriger“, so Thalmeier. Auch die Wassertemperatur spielt eine entscheidende Rolle: „Je kälter, desto unwahrscheinlicher, dass er wieder nach oben gelangt.“ Auf die Frage, wie lange noch gesucht werde, stellt Thalmeier klar: „Unsere Kapazitäten sind leider nicht unerschöpflich.“ Das Wetter könnte die Suche jederzeit beenden: „Wenn jetzt das Wetter umschlägt oder es windiger wird, macht es das für uns bei der Suche zunehmend massiv schwieriger. Bei Wellengang oder wenn das Wasser aufgewühlt ist, wird die Sicht zudem immer schlechter.“
Obwohl die realistische Chance, den 85-Jährigen lebend zu finden, mittlerweile nicht mehr gegeben ist, machen die Einsatzkräfte weiter. Für Jürgen Thalmeier hat das einen zutiefst menschlichen Grund: die Gewissheit für die Familie. „Letztendlich geht es natürlich darum, dass er für die Angehörigen gefunden wird, damit man dann auch mit dem Verlust eines lieben Menschen abschließen kann“, betont der Polizeichef. Und weiter: „Deswegen ist es für uns sehr wichtig, dass man nicht aufhört, sondern dass wir bis zum letzten Zeitpunkt versuchen, unsere Möglichkeiten auszureizen.“
Ausdrücklich hebt Jürgen Thalmeier die Leistung der freiwilligen Rettungskräfte von BRK-Wasserwacht und DLRG vom Wochenende hervor. „Man muss sagen, das ist ein hohes Lob an die Ehrenamtlichen, die uns bei solchen Suchaktionen immer wieder unterstützen“, so Thalmeier. „Das sind hoch engagierte Bürgerinnen und Bürger, die in ihrer Freizeit oder statt der Arbeitszeit da sind. Ohne diese Freiwilligen wäre die eine oder andere Vermisstensuche vielleicht nicht so glücklich ausgegangen.“
Die Entscheidung über die endgültige Einstellung der Suche werde in den kommenden Tagen in enger Absprache mit der Kriminalpolizei getroffen, „solange sich keine weiteren Hinweise ergeben.“
Wie Thalmeier abschließend bestätigt, hat inzwischen die Kripo Traunstein in beiden aktuellen Vermisstenfällen am Chiemsee – bereits seit dem 11. Juli wird ein weiterer Mann, der mit einem Elektroboot unterwegs war, vermisst – die Ermittlungen übernommen. Dies sei ein üblicher Vorgang. „Die Kollegen in Traunstein übernehmen, wenn eine Person vermisst wird und Anzeichen da sind, dass diese möglicherweise nicht mehr lebend geborgen werden kann“, erläutert der Dienststellenleiter das Prozedere. Sascha Ludwig