Der Vater der Apollo-11-Mission

von Redaktion

Er gilt als Vater der Apollo-11-Mission: Wernher von Braun hatte maßgeblichen Anteil daran, dass die erste Mondlandung am 21. Juli 1969 glückte. Ideen zur Umsetzung könnten ihm dabei im Inntal gekommen sein – daheim bei seinen Eltern in Oberaudorf.

Oberaudorf – „Das ist ein kleiner Schritt für den Menschen, ein riesiger Sprung für die Menschheit“ – mit diesem Satz hatte der US-amerikanische Astronaut Neil Armstrong am 21. Juli 1969 beim Betreten des Mondes bei vielen der 500 bis 600 Millionen Zuschauer vor den Fernsehern für einen Gänsehautmoment gesorgt. Ein Ereignis, das ohne Wernher Magnus Maximilian Freiherr von Braun wohl nicht möglich gewesen wäre.

Denn der am 23. März 1912 in Wirsitz – heute Polen – geborene Sohn des ehemaligen Reichsernährungsministers Magnus Freiherr von Braun und seiner Gemahlin Emmy von Braun war als deutscher und später US-amerikanischer Raketeningenieur einer der maßgeblichen Wegbereiter und Entwickler der für militärische Zwecke genutzten Raketen und der bemannten Raumfahrt.

Weniger bekannt ist vielen, dass von Braun enge Beziehungen zur Gemeinde Oberaudorf pflegte. Dort hatten seine Eltern nach dem Zweiten Weltkrieg eine Bleibe gefunden. Einer, der sich an diese Zeit noch bestens erinnern kann, ist der 83-jährige Oberaudorfer Siegfried Brandmüller. Ein Zeitzeuge, der in den 50er- und 60er-Jahren ein Schreibwarengeschäft in Oberaudorf betrieb.

„Der Vater von Wernher, Magnus Freiherr von Braun, war ein treuer Kunde, der nahezu jeden Tag in mein Geschäft kam und Zeitungen kaufte. So richtig Kontakt habe ich aber dann bekommen, als ich sein Buch ,Weg durch vier Zeitepochen‘ hier in meinem Geschäft verkaufte.“ Die von Brauns hätten damals zur Miete in der Laurentiusstraße gewohnt „und ich bin immer zum Vater mit den Büchern, die er dann persönlich und einzeln widmete“.

So entstand schnell ein langjähriger Kontakt zu den in der Öffentlichkeit eher zurückhaltenden Eltern von Wernher von Braun. Brandmüller: „Da ich ja fast täglich dort war, durfte ich auch Fotos machen, von denen aber leider ein Teil verlorengegangen ist. Unsere Bekanntschaft hielt bis zum Tode der beiden, die zusammen auf dem Oberaudorfer Friedhof begraben sind.“

Im Jahre 1956 besuchte Sohn Wernher von Braun erstmals seine Eltern in Oberaudorf. Er kam direkt aus den USA und war „schwer von amerikanischem Militär bewacht, das fast niemanden zu ihm ließ“, erinnert sich Brandmüller an dieses außergewöhnliche Ereignis im beschaulichen Dorf. Insgesamt wohl mindestens dreimal war der Sohn in der kleinen Inngemeinde. „Einmal auch zum Geburtstag seines Vaters Magnus, bei dem dann auch alle drei Söhne, also Sigismund, Wernher und Magnus hier in Oberaudorf waren.“

Vortrag im

Kinosaal

Danach wurde es eher ruhig um die von Brauns. Erst als die amerikanische Weltraummission mit der Mondlandung im Jahre 1969 erfolgreich verlief, standen die Eltern Wernhers wieder vermehrt in der Öffentlichkeit. „Denn unmittelbar nach der Mondlandung war Wernher von Braun wieder hier im Ort und hat in unserem Kinosaal, der bis auf den letzten Platz gefüllt war, einen Vortrag über die erfolgreiche Mission gehalten und dabei auch die Filme der drei Astronauten von der Mondlandung gezeigt, die bisher noch nicht in der Öffentlichkeit veröffentlicht worden waren.“ Die Oberaudorfer seien daher also mehr oder weniger die Ersten gewesen, die die Aufnahmen sehen durften.

Direkt danach brach Wernher von Braun nach Athen zum Weltraumkongress auf, so die Erinnerungen Brandmüllers. Auch an einen weiteren Besuch des Ingenieuers kann sich der 83-Jährige bestens erinnern. In der örtlichen Volksschule hielt er „einen sehr lebhaften Vortrag über die Mondlandung und beantwortete auch die vielen neugierigen Fragen der Schüler“.

Eine beispielsweise nach den Kosten der Raumfahrtmission: Diese verteidigte er laut Brandmüller damals sinngemäß, dass dabei viele Beiprodukte entstanden seien, die durch die Weltraumforschung erst angestoßen worden waren. Aus dieser Zeit seines Besuchs stammt auch ein Foto mit seinen Eltern und einem amerikanischen Sicherheitsbeamten, die sich zu einem Essen im Gasthof „Beim Bauern“ in Agg niedergelassen hatten.

Aufnahme

im Gasthof

Dieses Bild hängt auch heute noch in dem jetzt von Peter Bäuerle geführten Gasthof. Für Siegfried Brandmüller waren diese Jahre mit der Familie von Braun sehr einprägsam. Wohl wissend auch um deren nationalsozialistische Vergangenheit, vor allem des Sohnes Wernher, „sind die Kontakte aber eher im interessierten Bereich geblieben, obwohl ich bis zum Tode des Vaters Magnus im August 1972 mit ihm viel zusammen war“.

Vom Nazi- zum NASA-Liebling

Am 23. März 1912 im heutigen Polen geboren, entwickelt und testet der Raketeningenieur Wernher von Braun ab 1932 Flüssigkeitsraketen in der Raketenversuchsstelle des Heereswaffenamts in Brannenburg. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Jahre 1933 wird von Braun Mitglied in der nationalsozialistischen Schutzstaffel (SS), 1943 sogar zum SS-Sturmbannführer befördert. 1944 werden mit den von ihm maßgeblich entwickelten V2-Raketen die Niederlande, Belgien und London bombardiert. Nachdem er sich im April 1945 der amerikanischen Armee gestellt hatte, siedelte er noch im gleichen Jahr in die USA um. Nach Gründung der National Aeronautics and Space Administration (NASA) 1960 wird er Direktor des „Marshall Space Flight Center“ in Huntsville und konstruiert dort erfolgreich die Raketen des Saturn-Programms, die letztlich für eine erfolgreiche Apollo-11-Mission maßgeblich waren. Am 16. Juni 1977 stirbt Wernher von Braun im Alter von 65 Jahren an einer Krebserkrankung. hko

Artikel 2 von 5