Beim Begriff KI denken viele an Textprogramme wie ChatGPT. Die Künstliche Intelligenz kann aber auch Industrieroboter deutlich klüger machen. Die junge BMW-Tochter Idealworks macht genau daraus ein Geschäftsmodell. Ursprünglich gegründet, um die Werke des Münchner Autoriesen zu optimieren, verkauft die Firma heute selbstdenkende Roboter in die ganze Welt. Im Interview erklärt Co-Gründer und Technik-Chef Jimmy Nassif, wo die Reise hingeht.
Herr Nassif, Idealworks ist ein junges Unternehmen. Wo kommen Sie her?
Wir waren ab 2015 eine Einheit der BMW Group. 2020 wurden wir als eigene Firma ausgegründet mit der Vision, die Intralogistik zu optimieren – unter anderem mit einem eigenen mobilen Roboter, iw.hub, der Ladungen von A nach B transportiert.
Solche Roboter gab es aber davor schon.
Die meisten sind geführte Roboter, die anhand von Linien am Boden oder QR-Codes einen bestimmten Weg abfahren. Unser Roboter ist autonom, kann sich also frei bewegen und weicht Hindernissen automatisch aus. Die Technologie setzt BMW seit 2015 ein. Und 2019 haben wir dann gemerkt, dass es auch außerhalb der Gruppe Bedarf dafür gibt.
Und heute?
Heute bedienen wir Kunden aus dem In- und Ausland, darunter Toyota in Nordamerika. Wir sind aber nicht nur in der Automobilindustrie vertreten, sondern auch bei Logistikdienstleistern und Zulieferern sowie im E-Commerce. Wichtig ist, dass wir nicht nur Roboter anbieten, sondern das ganze Robotik-Ökosystem darum herum.
Erklären Sie das bitte.
Wir haben gemerkt, dass reine Hardware die Bedürfnisse nicht befriedigt. Deshalb haben wir eine Automatisierungsplattform entwickelt, die nicht nur unsere Roboter steuern kann, sondern auch die von dritten Parteien. Diese Plattform heißt AnyFleet. Und wir bieten eine Simulationssoftware, mit der man einen digitalen Zwilling einer Fabrik erstellen kann. Damit kann man Betriebsabläufe simulieren und Roboter trainieren, ohne dass Fehler in der Realität passieren. Das nennen wir iw.sim und basiert auf Nvidia Omniverse. Damit werden alle neuen BMW-Fabriken geplant.
Wie groß schätzen Sie den Bedarf ein?
Ich bin sicher, dass jede Industrie irgendwann mit Simulationen arbeiten wird. Einfach weil es immer Veränderungen gibt und es deutlich weniger kostenintensiv ist, diese zu simulieren, als sie in der Realität auszuprobieren. Dazu kommt das Roboter-Training.
Und wie groß ist die Nachfrage nach den Robotern selbst?
In Europa sind die Arbeitskosten hoch, abgesehen davon bekommt man nur noch schwer neue Fachkräfte. Hier besteht Nachfrage. In den USA ist es anders, dafür ist der Automatisierungsgrad dort bislang deutlich geringer. Hier gibt es also auch Potenzial. Was uns in Deutschland hilft, ist dass der Maschinenbauverband VDMA zusammen mit dem Verband der Automobilindustrie VDA eine Richtlinie für Robotik entwickelt hat, an dessen Weiterentwicklung wir als Mitglied des VDA-5050-Kernteams selbst aktiv beteiligt sind. Das sorgt dafür, dass AnyFleet als offene Leitsteuerung mit verschiedenen Robotikherstellern kompatibel ist.
Haben Sie Partner für den Wachstumskurs?
Wir setzen auf ein umfassendes Netzwerk an Robotikpartnern, um möglichst viele verschiedene Anwendungsfälle mit unserem Robotik-Ökosystem bedienen zu können. Im Herbst 2023 ist zudem die Münchner Firma Agile Robots SE als Mehrheitseigner bei uns eingestiegen. Das ist eine Ausgründung aus dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Zu den Aktionären von Agile Robots gehört die Softbank Gruppe.
Sie haben also das nötige Geld im Rücken.
Grundsätzlich haben wir weniger einen Finanzinvestor gesucht. Wir waren auf der Suche nach einem strategischen Investor. Agile Robots stellt stationäre Roboter-Arme her, was eine gute Ergänzung zu unseren mobilen Geräten ist. Außerdem sind sie sehr stark auf den asiatischen Markt konzentriert, wo wir noch Potenzial offen haben. Zudem haben sie in 2023 Franka Robotics erworben, die sehr weit in der Forschung an Roboterarmen sind. Als Gruppe können wir also ein rundes Komplettpaket anbieten.
Sie arbeiten eng mit dem amerikanischen Chip-Hersteller Nvidia zusammen. Weshalb?
Weil wir wissen, dass die Lösungen von Nvidia uns da hinbringen, wo wir hinwollen. Omniverse, die Nvidia-Plattform, auf der unsere Simulationstechnologie aufbaut, ist führend in diesem Bereich. Damit simulieren Auto-Hersteller schon ganze Städte, um ihre Fahrsysteme zu traineren. Ich denke, dass diese Technologie in den nächsten Jahren den Ton angeben wird. Und da wir schon lange so eng mit Nvidia zusammenarbeiten, seit 2016, haben wir natürlich ein tiefes Verständnis von der Technologie. Und wir brauchen natürlich auch die NVIDIA GPUs selbst.
Für die Rechenleistung?
Genau. Mit den Nvidia-GPUs kann unser Roboter einen großen Teil selbst rechnen und sich damit weitgehend autark bewegen.
Interview: Matthias Schneider