Rückenschmerzen per Handyfoto erkennen?

von Redaktion

Rosenheimer Informatiker entwickeln spezielle KI – Hilfe vor allem für Kinder gedacht

Rosenheim – Hinstellen oder Hinsetzen, Handy nehmen, Fotos machen und eine erste Diagnose erhalten. So einfach soll es irgendwann werden, wenn es um das Thema Haltungsschäden geht. Einen ersten Schritt in diese Richtung haben vier Studenten der Technischen Hochschule (TH) Rosenheim gemacht. Vitus Schaber, Jan Tamas, Kilian Roth und Julian Schubert haben getestet, ob eine künstliche Intelligenz Haltungsschäden anhand von Bildern erkennen und richtig einordnen kann.  

Krumme Sitzposition,
falsche Stifthaltung

Bei der Abschlussarbeit ihres Informatikstudiums taten sie sich dafür mit der Rosenheimer Osteopathin Simone Lüders zusammen und testeten ihre Software mit Aufnahmen von verschiedenen Kindern. „Denn eine falsche Haltung entsteht nicht erst im Alter, wenn wir die Probleme deutlich spüren”, erklärt die Spezialistin. Vielmehr beobachte sie immer wieder, dass schon ganz junge Menschen schief vor ihr stehen, verdreht auf den Stühlen sitzen oder den Stift völlig falsch halten. „Hier müssen wir etwas machen”, ist die Rosenheimerin überzeugt und setzt sich daher für die Förderung von Studien wie die der TH-Studenten ein. 

Aber wie genau soll eine künstliche Intelligenz nun dabei helfen? „Die KI erkennt anhand des Bildes verschiedene Punkte eines menschlichen Körpers, die wir vorher festgelegt haben. Diese werden ausgewertet, um die Gesamthaltung in vier verschiedene Kategorien einzuteilen”, erklärt Jan Tamas. Er präsentierte das Konzept bei der Projektmesse Digitalisierung des Gründernetzwerks Stellwerk 18 und beschrieb das Experiment der angehenden Informatiker. „Wir haben zwölf Kinder in unterschiedlichen Positionen aufgenommen”, sagt der Rosenheimer. Innerhalb weniger Sekunden sollte die KI erkennen, ob die Haltung auf den Bildern gesund oder in gewissem Grad schädlich für die Kinder ist. 

Um das zu leisten, wurde die Software zuvor mit Informationen von Simone Lüders gefüttert. Sie gab der KI eine Orientierung, auf welchem Bild eine klare Fehlhaltung zu erkennen ist. Im Idealfall sollte das Programm dadurch lernen, wie eine schädliche Position aussieht, um sie anschließend selbstständig korrekt einzuordnen. Das Ergebnis: „36 Prozent wurden richtig zugeordnet, 40 Prozent waren zumindest in einer ähnlichen Kategorie, während 24 Prozent komplett daneben lagen”, sagt Tamas.

Bis zum Ziel, dass ein Scanner im Fotomodus des Smartphones eine falsche Haltung einwandfrei erkennt, wird es somit wohl noch eine Weile dauern. Dennoch ließe sich auf der Studie aufbauen. „Es braucht einfach deutlich mehr Daten, mit denen die KI lernen kann”, meint Tamas. 

Für Osteopathin Lüders sind die Ergebnisse Grund genug, ihrem Appell Nachdruck zu verleihen.  „Die Fehlstellungen beginnen schon im Grundschulalter, wenn die Kinder stundenlang an den Schulbänken sitzen”, sagt sie.

Anwendung in
Schulen möglich

Eine verfeinerte Entwicklung wie die der TH-Informatiker könnte daher künftig auch in der Schule angewendet werden. Um aber weitere Studien zu finanzieren, braucht es laut Lüders die Unterstützung der Politik. „Das Thema muss dort ankommen”, sagt die Osteopathin und hofft auf den bayerischen Landtag, wo sie am 27. Februar ihr Anliegen vorbringen möchte. 

Die Rosenheimer Informatiker sind in jedem Fall überzeugt, dass sich das Programm noch verbessern lässt. „Da ist noch deutlich mehr möglich”, meint Tamas, der sich grundsätzlich auch vorstellen könnte, daran weiterzuarbeiten. Mit der Präsentation im Stellwerk 18 ist das Bachelorprojekt der vier Studenten jedoch zunächst abgeschlossen.  

Korbinian Sautter

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