Waldkraiburg – Bekannt wie ein bunter Hund – diese Umschreibung passt wohl auf kaum jemanden in Waldkraiburg so gut wie auf Inge Schnabl. Sie gründete die erste Damenfußballmannschaft, hauchte dem Waldkraiburger Faschingszug wieder neues Leben ein, schaffte es als Eisstock-Schützin bis in die Bundesliga und engagierte sich über Jahrzehnte in der Kommunalpolitik. Das ist aber nur ein Teil ihres Lebenswerks. Für ihr Engagement hat sie vor Kurzem die Bayerische Staatsmedaille für soziale Verdienste bekommen.
Mit 27 Jahren den
Faschingszug initiiert
Dass die 78-Jährige sich so sehr in Waldkraiburg einsetzt, ist einer besonderen familiären Situation geschuldet. Mit ihrer Mutter und ihren Brüdern musste sie aus Eger fliehen, der Vater war in russischer Gefangenschaft. Mit Nähen brachte die Mutter die Familie durch, die später in Mühldorf wohnte. Nach ihrem Realschulabschluss hatte sie schon die Zusage für eine Ausbildung bei einer Bank, doch sie entschied sich anders und wollte lieber Arzthelferin werden.
Eine Entscheidung, die sie weiter in Waldkraiburg hält, wo sie ihre Ausbildung macht. Damit sie nicht jeden Tag von Mühldorf in die Stadt pendeln muss, kommt sie bei der befreundeten Familie Jona unter. Später zieht es sie beruflich nach Bad Reichenhall in eine große Arztpraxis, doch als ihre Waldkraiburger „Ziehfamilie“ Unterstützung braucht, kehrt sie zurück und kümmert sich um die beiden Enkel von Altbürgermeister Hubert Rösler. „Ansonsten hätte mich Waldkraiburg wohl nie wieder gesehen.“
2014 wird sie Dritte
Bürgermeisterin
Hier bringt sie sich immer mehr ein und lernt schließlich ihren späteren Mann Alois kennen. Sie war zuvor schon Mitglied in der katholischen Pfarrjugend und beim Jugend-Rotkreuz, später ergibt „eins das andere“. Sie engagiert sich bei der Faschingsgesellschaft Waldburgia und initiiert nach 27 Jahren Pause wieder den ersten Faschingsumzug. Sie bringt sich in der Tennis- und Fußballsparte des VfL Waldkraiburg ein, schafft es beim Eisstockschießen bis in die Bundesliga, ist heute noch ehrenamtliche Betreuerin.
Ihr Weg in die Kommunalpolitik beginnt 1996, nachdem Dietmar Heller sie zu einer Kandidatur für die CSU überredet hatte. „Von Platz 20 hatte ich es damals auf Anhieb in den Stadtrat geschafft“, erzählt sie. Von 1996 bis 2020 bringt sie sich im Stadtrat ein, 2002 wird sie Kreisrätin. Von 2002 bis 2014 war sie Jugend- und Familienreferentin, unterstützt über Jahre hinweg das Jugendparlament und wird als erste Frau in Waldkraiburg 2014 Dritte Bürgermeisterin.
Ein Herz für Kinder
und Jugendliche
Besonders am Herzen liegen ihr Kinder und Jugendliche, weshalb es nicht überrascht, dass sie Gründungsmitglied des Vereins „Familien und Kinder in Not – Sterntaler Waldkraiburg und Umgebung“ ist. „Die Bürokratie war zu kompliziert, um für den städtischen Kinderfonds Gelder zu bekommen. Deshalb haben wir einen eigenen Verein gegründet“, erklärt Inge Schnabl. Der Verein unterstützt Familien, Kinder und Jugendliche in materieller Not. Anfangs engagiert sie sich als Schatzmeisterin, seit 2017 ist sie Vorsitzende.
Die Hilfe kann ganz unterschiedlich aussehen: ein Kühlschrank für eine Familie; Betten für eine Familie und deren sechs Kinder, die noch keine hatten; ein Fahrrad für ein Mädchen oder ein Christbaum samt Geschenken für eine Familie. Aber genau so unterstützt der Verein Kindertagesstätten oder Schulen in Waldkraiburg oder den Verein „Frauen helfen Frauen“.
„In dieser Zeit habe ich viel Elend gesehen, trotzdem genieren sich die Eltern“, sagt Inge Schnabl. Oft sucht sie selbst die Sachspenden aus, bringt sie den Familien vorbei. „Es ist so schön, die Freude zu sehen“, berichtet sie. Finanziert wird der Verein vor allem durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Die größte Einnahmequelle ist der jährliche Benefizlauf im Stadtpark, bei dem voriges Jahr 700 Läufer an den Start gingen.
Sie hilft anderen trotz
eigener Krankheit
„48000 Euro hat der Verein 2024 an Hilfe ausbezahlt“, erzählt sie. Über Anträge entschieden wird schnell – meist noch am selben Tag. In ihrem Engagement muss sie sich aber auch mal einbremsen lassen. „Ich wäre ansonsten zu großzügig. Aber als mildtätiger Verein muss man darauf achten, wofür das Geld ausgegeben wird. Man muss auch mal Anträge ablehnen.“
An ihrer Einstellung, helfen zu wollen, hat sich bis heute nichts geändert – obwohl sie selbst Hilfe braucht. Sie hat eine seltene Form der Parkinson-Erkrankung, hat vor Jahren erste Anzeichen richtig erkannt. Einschränken lassen will sie sich davon nicht, hat mit ihrem Mann Alois einen großen Unterstützer an ihrer Seite. „Das Zittern ist ein Problem, aber solange es noch geht, mache ich weiter und helfe“, gibt sie sich kämpferisch.