Oberaudorf – Sommer, Sonne, Badesee! Wer erinnert sich nicht an unendliche Tage in den Ferien an einem der vielen Badeseen in unserer Gegend, ein Fuchzgerl in der Tasche, damit man sich am Kiosk etwas Süßes kaufen kann. Da standen große Gläser mit Gummischlangen, Lutschmuscheln und den heißbegehrten Guatlketten, an denen man den ganzen Tag herumknabbern konnte. Pommes Frites und Currywurst: Fehlanzeige. Bestenfalls gab es eine Salamisemmel mit Essiggurke, aber das war schon etwas Besonderes, wenn man es sich leisten konnte.
Nur zehn
Quadratmeter groß
Am Luegsteinsee in Oberaudorf gibt es ihn noch, den kleinen wunderbaren Kiosk, an dem man die Gummischnuller oder den Frosch noch einzeln kaufen kann, für sage und schreibe zehn Cent! Das kleine Paradies, das Kinder- und Erwachsenenherzen höherschlagen lässt, wird seit 2012 von Senija Šivak und ihrem Partner Thomas Brunner betrieben. Die 44-jährige gebürtige Rosenheimerin mit kroatischen Wurzeln ist Hotelfachfrau mit Leib und Seele. Senija und Thomas wohnen im „Seestüberl“ gleich nebenan und der Kiosk aus den 50er-Jahren gehört praktisch dazu. 2025 wurde er von der Gemeinde Oberaudorf gründlich saniert, doch größer ist er nicht geworden. Gerade einmal fünf Meter mal 2,40 Meter, also circa zehn Quadratmeter, misst der Innenraum, aber da hat allerhand Platz: zwei Eistruhen, zwei Kühlschränke für Getränke, ein Würstlkocher, Spüle und Spülmaschine, ein Nacho-Heizer, eine Heißluftfritteuse und noch allerhand mehr.
Und die Kioskbetreiber Senija und Thomas haben da auch noch Platz! Ihre Kunden bedienen sie durch eine Schiebeluke, und ein Kind muss sich schon einmal auf die Zehenspitzen stellen, um zu sehen, was es alles gibt.
„Auch Erwachsene lassen sich Tüten mit den losen Süßigkeiten füllen,“ so Kioskbetreiberin Senija Šivak. „Der aktuelle Renner sind die sogenannten Glotzer, gefüllte Gummikugeln in Form eines Augapfels.“
Aber natürlich gibt es auch Schleckmuscheln wie anno dazumal, die „Schwimmbadketten“ und viele Süßigkeiten lose für das kleine Taschengeld. Doch damit nicht genug, als leidenschaftliche Gastronomin ist es der 44-jährigen ein besonderes Anliegen, möglichst viel selbst zu machen. So zum Beispiel Eistees, für die sie einen Kräuterextrakt herstellt, der dann mit frischem Bergquellwasser aufgegossen wird. Für ihre Mischung „Alpenkräuter“ kocht sie einen Sud aus Salbei, Zitronenmelisse, Thymian und Brennnessel, dem nur etwas Honig hinzugefügt wird.
Serviert werden die Eistees in einem Pfandglas mit Henkel und viel Eis. Sie verzichtet völlig auf Einweg-Becher, auch der gute Kaffee wird in vielen Varianten in Pfandbechern aus Recycling-Kunststoff gefüllt. Thomas Brunners Spezialität ist der „Luggi-Dog“, ein Hot-Dog auf bayerisch: In ein Laugen-Brioche kommen Obatzda, eine Wiener mit Leberkäse umwickelt, Käse und Röstzwiebeln.
Senija Šivak arbeitet seit ihrem 14. Lebensjahr in der Gastronomie und auch Partner Thomas Brunner ist mit ganzem Herzen dabei. Seinen Beruf als Schreiner hat er buchstäblich für den Kiosk an den Nagel gehängt. „Irgendwas zum reparieren gibt’s immer,“ so der 42-Jährige. Außerdem sind die beiden nicht nur Kiosk-Betreiber, sondern quasi „Mädchen für alles“ rund um den Luegsteinsee. So haben sie unter anderem die „Schlüsselgewalt“ für die kleine Hütte, in denen die Strandrollstühle aufbewahrt werden, die den Fahrer mit Hilfe einer Begleitperson über eine Rampe ins Wasser eintauchen lassen.
Seit diesem Jahr gibt es auch einen eingezäunten kleinen Biergarten unter Kastanien mit drei Biergartengarnituren, der barrierefrei ist. Gleich neben dem Kiosk steht ebenfalls ein Biertisch mit zwei Bänken. Das ist eine Art Stammtisch, an dem sich Senija und Thomas auch schon mal die alltäglichen Sorgen der Badegäste anhören. Regelmäßiger Gast an diesem Tisch ist Toni Gabenstätter mit seiner Blindenhündin Cosma, der sich immer über anregende Gespräche freut.
Doch auch kleine Wehwehchen der Kinder werden von Senija und Thomas versorgt: „Pflaster und Verbandsmaterial sind mindestens so wichtig wie Gummischlangen, da die Wasserwacht nicht immer besetzt ist.“
Auch alles andere, was man zum Baden im See braucht, findet Platz im kleinen Kiosk, von der Taucherbrille über die Schwimmflügel bis zum Sonnenschutzmittel. Es muss also eine Art Vergrößerungszauber in dem kleinen Häuschen geben, um das alles unterzubringen. Bei Bedarf gibt es auch eine Sonder-Bewirtung für Geburtstage oder andere Feste. Da machen die beiden dann einen wunderbaren Kartoffelsalat.
Renovierung und
Erhalt durchgesetzt
Dass es das kleine Kiosk-Häuschen nicht abgerissen wurde, ist Florian Seebacher, Geschäftsführer der Gemeinde Oberaudorf und seiner Kollegin vom Bauamt, Eva Marschke, zu verdanken. „Wir haben die aufwendige Renovierung durchgesetzt, um diesen besonderen Charme des kleinen Kiosks zu erhalten,“ so Seebacher.
Die immer gutgelaunte Senija Šivak gibt außerdem jederzeit Auskunft über Wanderwege und Wassertemperatur und damit ist der kleine Kiosk ein wichtiger „Info-Point“ in der Gemeinde Oberaudorf. „Wir helfen, wo es geht“, so Senija und Thomas, die auf eine lange Bade-Saison hoffen, denn sie lieben den kleinen Kiosk und ihre Kunden, die sie mit allem versorgen, was man an einem sommerlichen Ferien-Badetag braucht: ein frisches Weißbier, auch alkoholfrei für die Radler und Skispringer an der Wasserschanze, professionell eingeschenkt von Senija Šivak, einem selbst gemischten Aperol Spritz, Kaffee und Kuchen oder einer Spritzpistole zum Nass-Spritzen der Eltern.
„Manche Leute kenne ich seit ihrer Kindheit,“ so die Kioskpächterin, „jetzt kommen sie mit den eigenen Kindern und kaufen ihnen ein „Capri“, setzen sich an den Stammtisch und trinken einen Eistee ihrer Wahl.“ Schön ist das.