Bad Aibling – Dicke, nasse Schneeflocken fallen vom Himmel. In ein paar Tagen ist der erste Advent, in vier Wochen Weihnachten. Die Welt bereitet sich auf das Fest vor. Auf dem Platz im Kurpark rund um den Irlachweiher, wo der Bad Aiblinger Christkindlmarkt stattfindet, herrscht schon reges Treiben. Die letzten Vorbereitungen laufen. Buden werden mit Tannenzweigen und Lichterketten dekoriert, damit es ein sichtbarer Weihnachtszauber wird. Es wird Glühwein, Würstl und andere Köstlichkeiten und jede Menge zum Einkaufen geben. Und die große Frage schwingt mit: Werden wir an Weihnachten Schnee haben? Denn das gehört dazu, wenn man sich die Finger am Glühweinbecher wärmt.
Innehalten
„ist einfach schön“
Auch Pfarrer Markus Merz wird es tun, egal ob mit oder ohne Schnee, weil dieses Innehalten einfach schön ist. Zugleich fragt er sich immer wieder: „Was ist eigentlich das Wesentliche an Weihnachten? Wie würde ich jemandem antworten, der all das nicht kennt und nach der Bedeutung von Advent und Weihnachten fragt?“ Er will ein Gespräch darüber anregen, was Weihnachten für die Menschen in der Stadt bedeutet. Markus Merz geht gerne auf Menschen zu, er bezeichnet sich selbst als „Gesprächsanstoßer“. Dabei will er als Christ und evangelischer Pfarrer, der er ist, erkennbar und sichtbar sein. Doch seiner Meinung nach gibt es auch das Unsichtbare, und dieser Impuls passt zu der von ihm ins Leben gerufenen Initiative „Unsichtbare Welt“: zur Sinnsuche anstoßen, Begegnung ermöglichen, auf Kirche neugierig machen. Er macht dies gerne an anderen, durchaus ungewöhnlichen Orten im öffentlichen Raum außerhalb der Kirche oder online durch kurze dialogorientierte Impulse. Diese Initiative richtet sich an Menschen, die Fragen nach dem Leben, dem Glauben und der eigenen Motivation stellen. Denn viele Menschen beschäftigt doch genau die Suche danach: „Was trägt mich?“ oder „Welchen Sinn hat es, dass ich da bin?“ Gerade die Advents- und Weihnachtszeit sieht der Pfarrer als eine Einladung, sich solchen Fragen zu öffnen, auch wenn sie sicherlich nicht auf einem Christkindlmarkt beantwortet werden können. Pfarrer Merz ist engagiert in Sachen Spiritualität, und er beherrscht dabei die Wege der modernen Kommunikation, so auch bei seinem diesjährigen Adventsprojekt „Weihnachten für Anfänger“. Täglich um 7 Uhr morgens spricht er live auf Instagram @unsichtbare_welt mit einem anderen Gesprächspartner darüber. „Mir ist bewusst, dass viele Menschen über Weihnachten gar nicht so viel wissen“, so Merz. „Ist es nicht interessant, dass sich Jugendliche mit muslimischem Hintergrund oft ganz gut in ihrer Religion auskennen?“, sagt Markus Merz, der in der Berufsschule eine Klasse junger migrantischer Schüler begleitet. Einmal habe er in einer Religionsstunde die Geschichte von Maria und der Entstehung von Jesus erzählt. „Das gibt’s doch gar nicht, die hat doch bestimmt was mit dem Josef gehabt“, empört sich einer der Jugendlichen. Ein anderer erwidert: „Hör mal, das war ein Wunder.“ Viele Schüler ahnen, dass Fragen der Religion und der Sinnsuche nicht umfassend mit sachlichem Verstand zu lösen sind. Diese Szene bestätigt Markus Merz darin, wie offen Menschen sind, wenn sie einen Raum dafür finden. Daher fragt sich Markus Merz, wie diese Zeit auf jemanden wirkt, der mit unserer Weihnachtskultur nicht vertraut ist. „Was sieht und hört er hier, und was leuchtet und klingt?“ Zugleich lädt dies doch dazu ein, in die Tiefe zu gehen, meint der Pfarrer. „Steht nicht hinter den Ritualen das Bedürfnis nach Sinn und Unterbrechung des Alltags?“ Genau hier möchte er mit seinem Impuls „Weihnachten für Anfänger“ ansetzen. In diesem Licht kommt so viel zusammen. „Im Adventskranz, in den Lichtern am Christbaum und auf dem Weihnachtsmarkt oder an den beleuchteten Fenstern und Häusern spiegelt sich eine tiefe Sehnsucht wider“, sagt er. So hat doch Weihnachten insbesondere seinen Ursprung in dem Lichtfest in der längsten Nacht des Jahres. Im Römischen Reich war sie dem Sonnengott gewidmet. Das frühe Christentum nahm den Termin bewusst auf und gab ihm eine neue Deutung, indem es mit diesem Tag Christus selbst ins Zentrum stellte. „Im Licht kommt unsere Sehnsucht nach Gott ins Leuchten“, sagt Markus Merz. „An Weihnachten feiern wir dieses Licht, das die Finsternis nicht ergreifen und nicht verdunkeln konnte.“ Natürlich gebe es viele Menschen, die von den Inhalten von Weihnachten gar nichts hielten. Zugleich sei es aber so, dass, auch wer Weihnachten ablehne, eine Beziehung dazu habe, etwa eine kulturelle Wahrnehmung oder auch die Erinnerung an Familie und Tradition. Denn ganz weglassen tun es die wenigsten. „Es gibt dieses Lied ‚Driving Home for Christmas‘ von Chris Rea, ein Hit, der in den Tagen vor Weihnachten in jedem Kaufhaus, auf jedem Weihnachtsmarkt, aus jedem Radiosender aus den Lautsprechern schallt. Da ist es ja gerade so, dass sich darin die tiefe Sehnsucht nach diesem Unsichtbaren ausdrückt, das wir oft nicht in Worte fassen können.“ Übersetzt lautet der Text: Ich fahre nach Hause, weil Weihnachten ist. Ich kann’s kaum erwarten, die Gesichter zu sehen.
Ich fahre nach Hause, weil Weihnachten ist, schnurstracks fahre ich die Straße entlang. „Es greift auf, wonach sich die Leute sehnen.“
Sehnsucht nach
Gott entdecken
Mit seinem Adventsprojekt möchte Pfarrer Markus Merz dazu anregen, in allem Warten und Wünschen eine Ahnung für die Sehnsucht nach Gott zu entdecken. Da kann es schon helfen, eine Kerze anzuzünden, einen Moment innezuhalten oder auch in einem Gebet Gott zu suchen. „Es genüge schon ein kurzer Augenblick am Tag.“ Genau da will er Menschen abholen: bei ihrer Hoffnung und der Bereitschaft, in die Tiefe zu gehen. Jetzt darf man gespannt sein, mit welchen interessanten Gesprächspartnern sich Pfarrer Markus Merz auf seinem Insta-Kanal #WeihnachtenFürAnfänger über Weihnachten unterhalten wird. Er verrät es erst mal nicht.