Heftige Kritik an Glyphosat-Entscheidung

von Redaktion

Zu den Berichten „Streit um Glyphosat-Zulassung“ und „Merkel mahnt Minister Schmidt ab“ (Titelseite):

Ist der Abgang terminiert, lobbyiert sich’s richtig ungeniert? Sehen wir den ohnehin scheidenden Minister Schmidt nach kurzer Schamfrist als Angestellten oder Berater der Agro-Industrie? Vielleicht war es ja eine eindrucksvolle Initiativ-Bewerbung. Oder es war ein CSU-Kalkül, bei dem man netterweise Merkel nicht einweihte, um sie durch echtes Nichtwissen zu schützen. Win-win-diger Weise hat man auch noch Junckers Kommission einen unangenehmen Kniefall vor Monsanto & Co. erspart. Für eine Regierungsbildung ist „So-(selbstlos)-is-er-der-Schmidt“ wohl schon als Bauernopfer geplant – und die wütende Menge ist besänftigt. Wenn sich oben Köpfe trollen, darf der Rubel weiter rollen. Leider sorgen dann Weltmarkt und Wettbewerb dafür, dass er bei den bayerischen Bauern nicht ankommt. Doch kein win-win.

Theo Schneider

Feldkirchen-Westerham

Schäbigkeit mit Kalkül: Minister Schmidt schlägt damit gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Erstens verstimmt dieser Vertrauensbruch die jetzt doch noch koalitionswillige SPD und erhöht somit die Chancen für Neuwahlen. Die wären der CSU nämlich lieber, weil sie dabei auf ein wieder besseres Ergebnis spekuliert – und auf eine ungestört wirtschafts-willfährige Koalition mit der FDP. Zweitens sind Schmidts Tage als Minister so oder so gezählt. Bevor er demnächst wieder als einfacher Bauer Mist fahren wird, sorgt er noch schnell dafür, bei einem mächtigen Industriekonzern in guter Erinnerung zu bleiben. So macht man Politik(verdrossenheit) Es verstärkt bei mir den Eindruck, dass die CSU nicht mehr wählbar ist.

Josef Bichler

Oberaudorf

Das Schlimme an der Glyphosat-Nummer ist die ungebremste Weitervergiftung von Mensch und Natur – um des reinen Profits willen. Das noch Schlimmere daran aber ist die mehr als entwürdigende Hütchennummer, die die verantwortlichen Politiker vor den Augen ihrer ohnedies entmündigten Wähler daraus machen, nach dem Motto: „Wo ist die Verantwortung?“ Das Schlimmste aber – und leider symptomatisch für ihre Einschätzung der Intelligenz ihrer Wähler – ist das dümmliche Kasperltheater, mit dem beide Unions-Parteien nun versuchen, jeden einzelnen ihrer Mittäter von jeder Schuld sauber zu waschen. Der geschäftsführende „Interims-Agrar-Minister“ Schmidt habe in dieser mehr als volksrelevanten Sache „allein“ entschieden. Unter allen Offenbarungen dieser Welt sehe ich derzeit keine deutlichere als die Offenbarung ihres absolut konzernhörigen Gesinnungsstandortes einer Mehrheit unserer Politiker, deren wichtigste Aufgabe es scheint, die Begehrlichkeiten der Konzerne in geltendes Recht umzuwandeln. Wenn dabei schließlich, vor den Augen eines zornigen Publikums, auch mal demonstrativ „ein Kopf rollt“, so rollt dieser doch regelmäßig entgegen der Schwerkraft den Berg hinauf, in ein noch weitaus besser bezahltes Amt. Oder in einen gesicherten Alterswohlstand, von dem der Rest der Republik nur träumen kann. Wer sich den europaweiten Gewinn mit Glyphosat betrachtet, der weiß, worum es geht. Und welche rechnerischen Größen auch dieses Mal wieder das Wohl des Volkes und den Willen seiner Mehrheit unter sich begraben.

Manfred Ebeling

Raubling

(Unser) Agrarminister Christian Schmidt (CSU), der für die letztliche Wiederzulassung des Unkrautvernichtungsmittels „Glyphosat“ für weitere fünf Jahre verantwortlich ist, sollte täglich eine Schüssel voll von diesem giftigen Zeug essen müssen! Herr Schmidt, ein Volksvertreter?

Robert Kraus

Gars am Inn

CSU-Landwirtschaftsminister Christian Schmidt hat im EU-Berufungsausschuss dafür gesorgt, das Totalherbizid Glyphosat für weitere fünf Jahre zuzulassen. Ohne die Zustimmung der Bundesrepublik hätte es unter den Mitgliedstaaten keine Mehrheit für das Ackergift gegeben. Schmidt hat nicht nur Umweltministerin Hendricks (SPD) übergangen, sondern auch mehr als 80 Prozent der Menschen in Deutschland, die für ein Verbot des Gifts sind. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation WHO hatte Glyphosat 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft. Unabhängig davon gilt Glyphosat nach Einschätzung von Umweltexperten auch als Gefahr für das Trinkwasser, die Artenvielfalt, besonders für Bienen und andere Insekten sowie für Vögel. Das scheint aber unsere Politiker von CDU und CSU sowie den Deutschen Bauernverband nicht sonderlich zu beeindrucken. Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat nach der Zustimmung von einem „überfälligen und folgerichtigen Schritt“ gesprochen. Die Begrenzung der Zulassung auf fünf Jahre sei „Minimallösung“. Am liebsten hätte der Bauernverband die Zulassung gleich auf 15 Jahre verlängert. Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) verteidigte die Entscheidung seines bayerischen Parteigenossen. Der Bundesminister habe eine wohlabgewogene Sachentscheidung getroffen. Denn ohne den Einsatz von Glyphosat müssten die Bauern tiefer pflügen, was zu Bodenerosion führe. Scheinbar hat er beim Glyphosat doch kein gutes Gefühl wenn er meint, „dass der Einsatz auf das Notwendigste beschränkt werden sollte. Dem Chef der bayerischen Staatskanzlei ist anscheinend nicht bekannt, dass Pestizide die wichtigen Mikroorganismen im Boden zerstören und so massiv zur Bodenerosion beitragen.

Lisa Sieber

Aschau am Inn

Pflanzen interagieren mit Mikroorganismen im gesunden Boden und erhalten so einen Nährstoffkreislauf. Glyphosat verhindert dies und der Ackerboden verlangt nach aufwendigem und kostenintensiven Düngen, da Pflanzen ohne diese Organismen die Nährstoffe nicht aufschließen können. Stickstoff- und anderer Dünger muss energetisch produziert werden. Der Bauer macht es sich leicht und zahlt doppelt: Erste Unkrautvernichter, zweitens Düngemittel. Und die EU subventioniert die „billige“ industrialisierte Agrarwirtschaft. Die Frage ist: Wie verantwortungsvoll ist der Umgang mit diesem Gift, wenn man mit der Sprühflasche auf die Wiese geht und Sauerampfer besprüht und es keine halbe Stunde später regnet? Wie verantwortungsvoll ist es als Agrarist, einzelne grüne Stellen im Weizenfeld im Glyphosat zu besprühen, damit diese Stellen braun werden und so nicht noch 14 Tage gewartet werden muss, um das ganze Feld abernten zu können? Wer glaubt, Gift bleibt im Schrank, der irrt. Wir umgeben uns heute immer mehr mit unausgereiften und rein aus Interessen und Gier produzierten Mitteln, ohne an morgen, an unsere Kinder zu denken.

Johannes Niedermeier

Niedertaufkirchen

Ein strahlender Sieg für die naturzerstörende Chemiewirtschaft. Die Gier nach Wirtschaftswachstum vor allem in der „Industrie-Landwirtschaft“ mit allen Mitteln vor allem auf Kosten der Natur im Namen der EU. Milcherzeugung durch die „Milchindustrie“ verursacht die höchsten Umweltschäden durch Luft-, Boden- und Wasserverschmutzung. Die Kühe werden zu Milchmaschinen gezüchtet, die Milch soll fließen, mit Futter unter anderem aus Südamerika unter fragwürdigen Anbaumethoden. Monsanto macht‘s möglich. Die Industrie verdient, Afrika kauft uns die Milch ab und kann eigene Erzeugnisse nicht nutzen, weil zu teuer. Das ist keine Afrika-Hilfe von uns, im Gegenteil, wir verdienen daran und regen uns dann über die Flüchtlinge auf. Wir brauchen Landwirte und keine „Milchfabriken“, keine „Fleischfabriken“, keine „Chemiefabriken“, die von der EU Zuschüsse bekommen. Wir brauchen das Geld für die Bauern, die so gut wie möglich die Natur erhalten sollen, Wasser und Böder verbessern und die Tiere achten. Es ist höchste Zeit. Leider regieren bei uns die Wirtschaft und die EU. Leider haben wir zur Zeit keine Regierung, sondern ein Kasperltheater. Wie lange noch?

Ursula Jahnel

Feldkirchen

Besonders die letzten Wochen ist die Landwirtschaft in den Schlagzeilen wegen Glyphosat, Insektensterben und Vogelschwund. Ich als Gärtnermeister stelle mir schon lange die Frage, wo steht eigentlich der Gartenbau? Ich weiß, dass mich einige Kollegen wohl dafür am liebsten steinigen würden. Doch der Gartenbau, ob Gemüse oder Zierpflanzenbau, steht ganz vorne mit dabei – der Bioanbau natürlich ausgenommen. Bei meinen Vorträgen und Seminaren erlebe ich, mit welcher Freude Garten- und Balkonbesitzer Blühstreifen, Insektenbalkone und Verkehrsinseln bepflanzen. Doch bisher ist ihnen nicht bewusst, dass zum Teil Blühpflanzen eingepflanzt werden, die dafür wegen der Belastung mit Pflanzenschutzmitteln auf keinen Fall geeignet sind. Ich arbeite seit 30 Jahren mit Nützlingen zur Schädlingsregulierung und weiß daher, dass viele verwendete Pflanzenschutzmittel viele Wochen, ja sogar zum Teil über Monate, schädigend auf viele Insekten wirken. Der konventionelle Gemüsebau geht mit höchst bedenklichen Mitteln in die Fläche und richtet damit in der Vogel- und Insektenwelt verheerende Schäden an. Wir Gärtner müssen schnellstmöglich unserer Verantwortung für Umwelt und Mitmenschen gerecht werden, besonders der ortsansässige Gärtner muss ein verlässlicher Partner für seine Kunden sein. Der gesamte Handel mit billigen Pflanzen und billigen Lebensmitteln würde mit dem Verzicht auf Chemikalien wohl nicht mehr funktionieren. Zierpflanzen ohne halmverkürzende Chemikalien wären derzeit für den Handel undenkbar. Doch wir alle müssen uns dringend die Frage stellen: „Wie teuer ist letztendlich billig?“

Rainer Steidle

Attel

Artikel 11 von 11