Zur Berichterstattung über die Regierungsbildung (Politikteil):
Wie der Teufel das Weihwasser fürchtet, so fürchtet Deutschlands geschäftsfüh-rende Bundeskanzlerin Angela Merkel eine CDU/ CSU-geführte Minderheitsregierung. Deshalb drängt sie die SPD-Führung, dass diese möglichst bald signalisieren möge, einer Großen Koalition (GroKo) beizutreten. Nach anfänglicher Verweigerung möchten die SPD-Granden ja nun ganz gern mitregieren, aber sie fürchten ihre eigene Basis und ebenso, in der Öffentlichkeit als „Umfaller“ ge-brandmarkt zu werden. Ergo: Es wird flugs das Modell der „Koordinierten Großen Koalition“ aus dem Hut gezaubert, das heißt, in den Vorgesprächen werden nur bestimmte Projekte angespro-chen, andere (vermutlich kritische) bewusst offengelassen, damit diese erst später, nach erfolgter Regierungsbildung, im Bundestag diskutiert und verhandelt werden können (oder auch nicht!). SPD-Vorsitzender Martin Schulz verkauft diese Mogelpackung als „Brücke, über die viele gehen könnten“.
Jürgen Engelhardt
Stephanskirchen
Nach der Wahl hatte ich Hoffnung, dass ins politische Geschehen frischer Wind kommt: endlich Diskussion statt Durchwinken. Weitere vier Jahre GroKo werden Deutschland weiter spalten. Wissen die Damen und Herren eigentlich, was wir „hier unten“ wirklich wollen? Wie wollen sie uns verkaufen, dass Flüchtlinge ihre Familien nachholen dürfen, wenn es jetzt schon keine bezahlbaren Wohnungen gibt? Warum gibt es als Sozialleistung mehr Geld als mit Mindestlohn? Warum wird Arbeit nicht gerecht bezahlt? Warum geben große Firmen ihre Gewinne nicht an ihre Mitarbeiter weiter, aber an Manager und Aktionäre? Warum sollen Steuerzahler, die jeden Tag das Auto brauchen, um zur Arbeit zu kommen, die von der mit Steuergeld subventionierten Automobilindustrie betrogen wurden, nun ab 2030 ein teures E-Auto mit geringer Reichweite, katastrophaler Ökobilanz und teurem Unterhalt anschaffen? Der ÖPNV ist völlig unzureichend, besonders auf dem Land. Die Feinstaubgrenzwerte an Arbeitsplätzen sind höher als an der frischen Luft. Es wird Strom erzeugt, den wir nicht nutzen können, den wir billig ver- und teuer zurückkaufen müssen. Aber wir schalten unsere sicheren Atomkraftwerke ab, während sie überall weiterlaufen. Es darf die nächsten Jahre weiter Glyphosat verwendet werden. Was soll Gering- bis Mittelverdienern eine Abschaffung des Soli bringen, die haben meist sowieso keinen bezahlt. Unsere Schulen und Krankenhäuser verrotten, aber für BER ist Geld da. Ich bin der Meinung, dass mit einer GroKo weiterhin für den Bürger wichtige Dinge verschlafen, oder von Lobbyisten so manipuliert werden, dass Verbesserungen nur in der Wirtschaft ankommen. Der arbeitende Mensch wird reduziert auf Humankapital, wenn das zu teuer wird, wendet man sich ins Ausland. Wenn es nicht bald Entlastungen für „uns hier unten“ gibt und Arbeit wieder etwas wert ist, bin ich auf die nächste Wahl gespannt.
Sabine Urgibl
Haag
Obwohl ich kein Mitglied der SPD, aber an Politik sehr interessiert bin, habe ich mir auf Phönix gut acht Stunden SPD-Parteitag reingezogen. Ich war dann überrascht und auch verärgert über Ihre Berichterstattung: Dass Herr Anastasiadis in seinem Kommentar sehr wohlwollend mit dem FDP-Chef umgeht, Herrn Schulz „völlig entkräftet“ und Frau Merkel als „im Herbst ihrer Kanzlerschaft“ bezeichnet, ist sein gutes Recht als Kommentator. Und wer seine Kommentare über zehn Jahre gelesen hat, weiß sie einzuschätzen. Von dem „völlig Entkräfteten“ habe ich unter anderem eine engagierte und die Delegierten begeisternde Europarede sehr überzeugend gefunden. Dass als Bericht vom Parteitag von den Herren Ismar und Braune gut 50 Prozent (abwertende) Meinung und recht wenig Information herüber kommt, finde ich journalistisch nicht zu verantworten. Ich habe offene und intensive Auseinandersetzungen zu Themen und zum weiteren Vorgehen mitbekommen, aber keinen tiefen Riss. Streit der Meinungen und Überzeugungen mit offenem Visier und in Anwesenheit der Andersdenkenden halte ich auch für viel besser als Sticheleien hinten herum, Gerüchtemacherei und Mauschelei in Hinterzimmern.
Sämann Wagner
Prien
Sollten Schwarz und Rot tatsächlich wieder zu einer neuen Regierung zusammenfinden, bin ich gespannt, wer dann daran zu leiden hat. Im Koalitionsvertrag von 2013 sieht die Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig (CSU) „viele Grundsteine für die Stärkung von Familien“, hieß es damals in Ihrer Zeitung. Neben allgemeinem Blabla wie „Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, sieht sie Verbesserungen bei der Mütterrente, die Beibehaltung des Betreuungs- und Weiterentwicklung des Elterngeldes“. Weiß sie es nicht besser oder redet sie es einfach nur schön? Zwei Wochen später wird in einem Artikel der Steuerrechtler Hechtner von der Freien Universität Berlin mit Berechnungsbeispielen angeführt: Höhere Sozialbeiträge und der Verzicht auf Steuersenkungen kommen die Bürger teuer. Verlierer sind vor allem Familien mit Kindern! Da auch die Ex-SPD-Abgeordnete Angelika Graf in dem damaligen Koalitionspapier „durchaus viel SPD-Handschrift“ erkennt, würde es mich wundern, wenn sich unter einer neuen schwarz-roten Regierung viel ändern würde. Auch in den Sondierungsgesprächen war – meines Wissens – von Familienpolitik jedenfalls nicht groß die Rede.
Johann Freiberger
Riedering