Zum Bericht „Erdogan poltert: ‚Sie bedrohen uns‘“ im Politikteil:
„Ich mach mir die Welt (…), wie sie mir gefällt.“ Die Aussage dieses Kinderliedes, mit dem Pipi Langstrumpf die Herzen der Kinder eroberte, hat schon eine gewisse Ähnlichkeit mit dem politischen Wirken des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Der „Sultan vom Bosporus“ hat es zwar bislang nicht geschafft, ein ganzes Volk rückwärts laufen zu lassen (Pipi konnte das); den gravierenden Kursverfall der türkischen Lira hat er nach Meinung unabhängiger Wirtschaftsexperten aber hingekriegt. Erdogans Weigerung, der galoppierenden Inflation mit einer wirksamen Zinspolitik zu begegnen, ist ein Hauptgrund dafür! Seine Aufforderung an die Bevölkerung: Gold und Devisen in die einheimische Lira einzutauschen, um diese zu stützen, hat mehr mit einer Lachnummer und weniger mit seriöser Wirtschafts- und Finanzpolitik zu tun.
Das von der regierenden AKP propagierte türkische Wirtschaftswunder hat dem Land in den letzten Jahren zweifellos zu einem bemerkenswerten Wirtschaftswachstum und großen internationalen Investitionen verholfen. Allerdings um den Preis einer hohen Staatsverschuldung mit einem jährlichen strukturellen Budgetdefizit. Dem stehen aber auch große Fortschritte bei der Infrastruktur und der Gesundheitspolitik gegenüber. Es ist typisch für Erdogan, dass er alles, was nach einem Erfolg aussieht, für sich, sämtliche Fehlentwicklungen aber mit der Bösartigkeit anderer in Verbindung bringt.
Die von US-Präsident Trump angeordneten Strafzölle sind lediglich der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Erdogans Drohungen, neue Allianzen anzustreben, und die altbekannten Schimpftiraden sind allerdings gering im Vergleich zu den befürchteten Schäden, die schon jetzt an den globalen Finanzmärkten und der Weltwirschaft ihre Schatten vorauswerfen. Den Schatten – den so mancher „Weltgestalter“ hat – inklusive!
Oskar Wrage
Prutting