Zur Berichterstattung über den Kindesmissbrauch eines katholischen Kardinals (Politik, Bayern und Weltspiegel) und zum Kommentar von Claudia Möllers „Gefahr für Franziskus“:
Falls das christliche Abendland nur entfernt so christlich wäre wie dies seine Propagandisten behaupten, wäre jedem sofort und stets bewusst, dass das Rechtsempfinden der Bevölkerung binnen Tagen von „Hosianna“ zu „Keuziget Ihn“ umschlagen kann. Über alle Jahrhunderte hinweg hat dieses Rechtsempfinden auch Verfolgung, Diskriminierung, Hexenverbrennung, Progrome, Völkermorde, Rassismus, Vertreibung, Enteignung und vieles mehr befeuert. Wer kann derartiges Willkürwirken wirklich wollen? Wer kann so bekloppt sein, gesicherte Grundrechte (muss ich diese hier aufzählen? – Leben, Eigentum, Würde, Unverletzlichkeit der Wohnung,..) gegen spontane Akte irgendeines Rechtsempfindens irgendeiner Menschenmenge einzutauschen ? Täglich sehen wir in den Nachrichten Gräueltaten in Unrechtsgebieten oder Unrechtsstaaten, wo irgendein Rechtsempfinden Verwüstung schafft. Wir wissen das alle. Ohne gesicherten Rechtsstaat ist alles nichts.
Dr. Karl W. Naumann
Mühldorf
Nicht die Missbrauchtäter sind das größte Problem in der Institution katholische Kirche, sondern ihre unmenschlichen, von Gott nicht gegebenen Rahmenbedingungen. Kein Mensch kann auf Dauer mit Gott allein in einem Zimmer sein. Er braucht ein Du, in dem sich Gott verkörpert. Erst im anderen sehen wir Gott und damit auch die Liebe und nicht nur die Sexualität, die von diesen betagten Herren zur schweren Sünde erklärt wird. Die Angstreligion vor Verdammnis und Hölle, brachte schon viele Gläubige zur Verzweiflung. Auch Priester bleiben nach der Weihe Menschen mit Herz, Leib und Seele und werden nicht zum Neutrum degradiert. Gnade den Verantwortlichen!
Ilse Sixt
Oberpframmern
Frau Möllers schreibt: „Nicht auszudenken, Franziskus hätte einen Mann gestützt, der sich an Kindern vergangen hat.“ Mit Verlaub gesagt: Das ist Unsinn. Man kann zu Papst Franziskus stehen, wie man will, aber man kann ihn nicht für Fehler oder Versäumnisse eines Vorgängers verantwortlich machen. Kardinal Pell wurde von Papst Johannes Paul II. zum Bischof gemacht und ins Kardinalskollegium aufgenommen. Wenn dem Papst die Vorwürfe an Pell auch nur bekannt gewesen wären, hätte er das sicher nicht getan. Genau so wenig dürfte Papst Franziskus gewusst haben. Es ist zu hoffen, dass beim Verfahren gegen Pell die Wahrheit ans Licht kommt – so oder so. Es ist dann vielleicht schauderhaft für die katholische Kirche, aber sie wird davon nicht untergehen.
Thaddäus Weindl
Raubling
Unsere Medien sind sich offenbar einig: Trotz mehreren 1000 Missbrauchs-Fällen weltweit – über Jahrzehnte hinweg – besonders in der katholischen Kirche, wird nirgends die Forderung erhoben, dass diese Verbrechen durch Priester, Kardinäle und andere nur dort verfolgt werden dürfen, wo sie rechtlich hingehören, nämlich vor öffentliche Gerichte in Rechtsstaaten – und nicht hinter die Mauern von autoritären Kirchen, denen es völlig freisteht, ob sie die Täter anklagen oder nur versetzen, wo die Verbrechen dann oft ungesühnt weitergehen. Und die Demokratien finanzieren auch noch die Täter mit sehr hohen Gehältern, Pensionen und Sozialversicherung – ein beispielloser Skandal. Die Parteien sehen nach wie vor keinen Handlungsbedarf. Die Kirchen auch nicht: Im Zwiespalt zwischen dem Anspruch auf höchster moralischer Institution und systematischer Vertuschung von Missbrauch fällt die Entscheidung pro domo leicht! Konkordatsverträge gehören ersatzlos gekündigt und alle Privilegien gestrichen.
Matthias Fuchs
Waldkraiburg