Zum Artikel „Das Verhalten der Frauen ist schandvoll“ (Bayernteil):
In dieser Woche jährte sich 100. Todestag von Kurt Eisner. Offizier Anton Graf Arco-Valley hatte mit zwei Revolverschüssen den ersten bayerischen Ministerpräsidenten in der Münchner Promenadestraße (heute Kardinal-Faulhaber-Straße) ermordet. Ein Bodendenkmal erinnert am Tatort an diesen Anschlag. Wenig bekannt ist die Tatsache, dass Kardinal Faulhaber in enger Verbindung mit dem Mörder stand und ihn am 10. Juli 1934 sogar persönlich traute. Die jetzt Zug um Zug in einer Edition des Münchner Instituts für Zeitgeschichte veröffentlichten Tagebücher des Kardinals weisen 1934 folgende Notiz auf: „Dienstag, 10. Juli, 10.30 Uhr, Dreifaltigkeitskirche, Trauung von Graf Arco auf Valley mit Gabrielle Gräfin von Arco Zinnerberg. Ich halte Ansprache übers dreifache Ja“. Dass der monarchietreue Kardinal wiederholt Adolf Hitler in Schutz nimmt, mag dem damaligen „Mainstream“, so der Historiker Andreas Wirsching, geschuldet sein. Seine Unterstützung aber für den tief in NS-Verbrechen verstrickten Leiter der Münchner Frauenklinik, Heinrich Eymer, sowie die angesprochene Trauung von Graf Arco, erfordern eine differenzierte Wertung der Rolle des Kardinals während der NS-Zeit. Sein Tagebucheintrag am 23. Juli 1934: „Ich nehme Hitler persönlich in Schutz“ ist eine von vielen Äußerungen, die zu einer kritischen Betrachtung seiner Rolle während der NS-Zeit Anlass geben. Der 100. Todestag von Kurt Eisner rückt die damaligen Geschehnisse wieder verstärkt ins Bewusstsein. Man darf gespannt auf die weitere Auswertung der Tagebücher warten.
Gert Hilger
Waldkraiburg