Zum Artikel „Grüne erwägen Kanzlerkandidatur“ (Titelseite):
Nach der Forsa-Umfrage bleiben die Grünen stärkste Partei. Verwundert über diese Entwicklung muss man nicht sein, da die Klimafrage alle anderen Themen überlagert und die Grünen verstärkt davon profitieren. Nüchtern betrachtet wird das Klimathema als Ersatzreligion hochstilisiert, obwohl wir als kleines Deutschland kaum etwas erreichen werden, solange unsere globalen Mitspieler nichts in diese Richtung unternehmen. Es gibt andere Umweltthemen, die auch unsere Aufmerksamkeit verdient hätten, das wären die fortschreitende Abholzung der Regenwälder und die Verschmutzung unserer Weltmeere. Die haben mit Sicherheit Einfluss auf die globalen Kreisläufe. Besonders treffen wird es wieder den kleinen Mann, und nicht das elitäre grüne Stammwählerpotenzial.
Es gibt auch noch andere Gründe, die Grünen von einer anderen Seite her einzuschätzen: So ist es zum Beispiel kaum zu glauben, dass mit den Stimmen der Grünen auf einen Teil des Reinhardswaldes (naturbelassener Urwald in Hessen mit seinem Jahrhunderte alten Baumbestand), ein Windpark entstehen soll. Manche Grünen-Politiker betätigen sich als Aufsichtsräte von Windkraftfirmen, obwohl die Umweltverträglichkeit der Windkraftanlagen mehr als fraglich ist. Wenn man hört, dass der ehemalige Staatssekretär und Grünen-Politiker Mattias Berninger inzwischen als Cheflobbyist für den Bayer-Konzern arbeitet und den Einsatz von Glyphosat verteidigt, fragt man sich, wie es mit dem Idealismus bestellt ist. Ein heißes Eisen ist der Pädophilie-Skandal aus den 80er-Jahren, in den Politiker der Grünen verstrickt waren und der nie aufgearbeitet wurde. Diese Auswahl an Beispielen lässt einen doch nachdenklich werden. Es bleibt die Frage, ob wir uns anhand dieser Sachlage eine grüne Kanzlerschaft überhaupt vorstellen können.
Ernst Bernhard
Bad Aibling