Zu „Kritik und Verständnis für die Unternehmerinitiative“ (Leserbrief von Tina Kaffl):
Die Maßnahmen, die der demokratische Staat mit seinen Repräsentanten in der Pandemie ergreift, können sicher kontrovers diskutiert und hinterfragt werden. Der Staat erfüllt hier eine zentrale Aufgabe des gesundheitlichen Schutzes seiner Bürger und Bürgerinnen. Er hat für die äußere und innere Sicherheit zu sorgen. Wer an der „gesunden Basis“ unseres Landes zweifelt, wie im Leserbrief von Frau Kaffl aufgeführt, hat Demokratie nicht verstanden. Es geht in der Demokratie um das Handeln von Repräsentanten im Sinne des Gemeinwohles. Ein Demokrat muss Demokratie aushalten können und Mehrheitsentscheidungen akzeptieren, die dann auch umgesetzt werden. Wer gegen diese Handlungen ist, hat in der Demokratie das Privileg, seine Meinung frei äußern zu dürfen, ohne um sein Leben fürchten zu müssen. Jeder Bürger hat die Möglichkeit, sein Recht einzuklagen oder sich von einer anderen demokratischen Partei vertreten zu lassen, sprich zu wählen. All diese Privilegien hatte Sophie Scholl im Nationalsozialismus nicht. „Jana aus Kassel“ hatte sich ebenfalls zu einem Vergleich mit Sophie Scholl hinreißen lassen. Dazu twitterte Außenminister Heiko Maas: „Wer sich heute mit Sophie Scholl oder Anne Frank vergleicht, verhöhnt den Mut, den es brauchte, Haltung gegen Nazis zu zeigen. Das verharmlost den Holocaust und zeigt eine unerträgliche Geschichtsvergessenheit. Nichts verbindet Corona-Proteste mit Widerstandskämpfer*Innen. Nichts!“
Jan Woköck, Alexandra Woköck, Thomas Beck, Armin Bergmann, Martin Embacher, Annamaria Kirsch, Petra Koppenleitner, Petra Mareis, Roswitha Rösch, Karl-Heinz Uhlmaier
Bad Aibling
Sophie Scholl lebte zur Zeit des Nationalsozialismus. Aufgrund ihres Widerstandes wurde sie nach einem dreitägigen Verhör zum Tode verurteilt. Den Beteiligten der Weißen Rose war bewusst, dass sie mit ihrem mutigen Widerstand mit tödlichen Konsequenzen zu rechnen hatten. Der Nationalsozialismus zeigte sich für den Scholl-Schmorell-Kreis in seiner ganzen Grausamkeit. Die nationalsozialistische Diktatur unterscheidet sich von Demokratie durch Einparteisystem und Führerkult. Die nationalsozialistische Ideologie ist antidemokratisch, antiparlamentarisch, antipluralistisch, rassistisch, antisemitisch und antimarxistisch. Extremes nationalistisches und rassistisches Denken sind Grundbestandteile dieser Regierungsform. Der Rassenwahn, dem Millionen zum Opfer gefallen sind, sowie der damit einhergehende kriegerische Wahnsinn, der die Welt in Schutt und Asche legte, sind hinreichend dokumentiert. Heute sind das Demonstrieren und freie Meinungsäußerung jederzeit möglich. Ich muss beim Verteilen von Flugblättern nicht um mein Leben fürchten. Den damaligen Widerstand gegen den Nationalsozialismus mit der heutigen Kritik an einem demokratischen System und deren Vertretern zu vergleichen, ist schlichtweg Missbrauch historischer Fakten. Wir stehen an einem kritischen Punkt der gesellschaftlichen Entwicklung. Unserer Meinung nach ist Demokratie zu schützen und mit allen Mitteln zu stärken. Vergleiche dieser Art sind nur dazu geeignet zu spalten und in der Konsequenz unsere freiheitliche demokratische Gesellschaft zu beschädigen.
Michael Stacheder, Alfred Breisl, Irene Durukan, Dirk Leutheusser, Anna Schuhmann-Paula, Martina Thalmayr, Svea Thöne, Sissi Zinner-Knarr
Bad Aibling