Zum Bericht „Bundespräsident Steinmeier will für zweite Amtszeit kandidieren“ (Politikteil):
Im Februar 2022 wird der nächste Bundespräsident von der Bundesversammlung gewählt. Eine, wie ich meine, sehr unglückliche Bestimmung in unserer Verfassung. Beschränkt sie doch die Zahl der Wahlberechtigten auf 1260 Personen, davon 630 Mitglieder des Bundestages und weitere 630 Vertreter der Landtage beziehungsweise von diesen berufenen Persönlichkeiten der deutschen Gesellschaft. Die 60,4 Millionen Wählerinnen und Wähler aber, die den Bundestag wählen dürfen, sind in diesem Fall jedoch ausgeschlossen. Das halte ich für falsch und der großen Bedeutung des Amtes des Bundespräsidenten nicht angemessen. Es schwächt meiner Meinung nach auch die Autorität des Amtes. Es wäre richtig, meine ich, dass alle Menschen mit Wahlrecht zur Bundestagswahl auch den obersten politischen Vertreter Deutschlands in einer Bundespräsidentenwahl wählen dürfen. Ja, ich höre schon: Da wird es eine Schlammschlacht unter den Bewerbern geben, die das Amt beschädigt. Diese Sorge scheint mir unbegründet: Wenn sich jemand für das Amt des Bundespräsidenten bewirbt, dann wird er naturgemäß seine Lebenserfahrung, seine Kompetenzen und seine Persönlichkeit für die Qualifizierung zu diesem Amt präsentieren und nicht Wettbewerber angreifen. Ein Beispiel dafür mag Österreich sein, wo eines der höchsten demokratischen Güter die Wahl des Bundespräsidenten durch das Volk ist. Natürlich bedeutet dies, dass die politischen Parteien die Position des Bundespräsidenten nicht mehr als Verhandlungsmasse in ihrem Parteienwettbewerb haben, aber wäre das so schlimm?
Kurt Kantner
Rosenheim