Weltraumtourismus in Zeiten des Klimawandels

von Redaktion

Zum Bericht „Bester Tag aller Zeiten“ auf der „Weltspiegel-Seite“:

Erstaunlich, mit welcher Begeisterung über den beginnenden „Raumfahrt“- Tourismus berichtet wird, als wäre Jeff Bezos gerade mit einer Heilsbotschaft auf die Erde zurückgekommen. Nüchtern betrachtet war sein Flug nur ein kurzer Sprung über die Karman-Linie in 100 Kilometern Höhe. Sie markiert den aerodynamisch nutzbaren Bereich in unserer Erdatmosphäre und hat mit den Weiten des Weltalls nichts zu tun. Bezos` Rakete war mit einem LH2/LOX-Triebwerk ausgerüstet. Es erzeugt eine Leistung von circa zwei Atomkraftwerken bei einem Verbrauch von rund 110 Kilogramm pro Sekunde. Der Kraftstoff der Rakete war nach zwei Minuten und zehn Sekunden verbraucht. Die Kapsel flog anschließend ballistisch wie ein Stein weiter und erreichte nach weiteren zwei Minuten die Gipfelhöhe von 107 Kilometern, um dann im freien Fall auf die Erde zurückzuplumpsen. Natürlich kann sich jeder nach Lust und Laune wie Münchhausen in die Luft schießen lassen. Problematisch wird es allerdings, wenn so ein Spielzeug 120000 kWh verschlingt. Mit dieser Energie könnte man mit einem Auto fünfmal um die Erde reisen oder ein Einfamilienhaus sechs Jahre lang beheizen. Richtig dramatisch wird es bei Richard Bransons Vehikel. Für den Antrieb verwendet er ein hybrides HTPB/N2O-Triebwerk, einfach, billig, ineffizient und schmutzig. Der Schadstoffausstoß wirkt sich in der Strato- und Mesosphäre verheerend aus, weil dort die Luftdichte klein und die Verweildauer der Schadstoffe groß ist, rund 100-mal größer als in der Troposphäre. Wegen der Erderwärmung muss man einen Weltraumtourismus als Auswuchs einer dekadenten Gesellschaft betrachten, wobei wir ein Teil davon sind. Vor allem aber Politiker, die nur unverbindliche Ziele verkünden ohne konkreten Plan für ihre Umsetzung.

Prof. Dr. Ing. Albert Staudt

Bruckmühl

Artikel 3 von 11