Zur Berichterstattung über die „Linde 21“ am Neumarkter Stadtplatz (Lokalteil):
„Linde 21 – ein oberbayerischer Politthriller“: Ich sehe den Buchtitel schon vor mir. Vielleicht findet sich ein Autor, welcher mit dem immer reichlicher vorhandenen Stoff etwas Spannendes zu Papier bringt: Abholzung gesunder Bäume in einer Nacht- und Nebelaktion, Verpflanzung, schwere Verletzungen der Linde infolge einer Gewalt-Attacke und, und, und. Ich bin schockiert, mich plötzlich mittendrin zu finden in diesem Krimi und ich bin sicher, mit dieser Empfindung nicht allein zu sein. Jetzt erst recht verdient es dieser Baum, an Ort und Stelle stehen zu bleiben und mit dem 2021er-Gedöns als Episode in die Geschichte der Sanierung des Neumarkter Stadtplatzes einzugehen. Zuallererst muss er sich aber von seiner Verletzung erholen. Die Stadt könnte jetzt wahre Größe zeigen, sich einen Ruck geben und dem Baum symbolisch den Beamtenstatus verleihen (als Ausgleich für das höhnische Verscherbelungsangebot für einen Euro – eigentlich eine Beleidigung der kulturgeschichtlichen Bedeutung der Linde). Linde 21 bekommt jetzt erstmal einige Wochen und Monate stationäre Reha mit voller Versorgung auf Dauer, wird stabilisiert und gesund gepflegt. Die Sanierungsarbeiten im Umkreis von Linde 21 werden in dieser Zeit eingestellt beziehungsweise neu konzipiert. Der Platz um die Linde wird großzügig als Rast-, Ruhe- und Online-Platz für Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Alte, Einheimische und Migranten gestaltet. Von dort können diese dann kostenlos zuschauen, wie begeistert Neumarkter Bürger über das neue Pflaster des Stadtplatzes flanieren und entzückt Schaufensterbummeln… In etwa 232 Jahren, wenn schon lange keine Elektroautos mehr fahren und Smartphones es weder als Erinnerung noch im W-Lan gibt, wird die dann ziemlich erwachsene Linde zu den letzten Bienen sagen: „Jetzt erzähl ich euch mal was …“
Eva Zanthoff
Neumarkt-Sankt Veit