Zum Bericht „Afghanische Fluglotsen dürfen nach Deutschland kommen“ (Politikteil):
Die einseitige Berichterstattung über Afghanistan ist geprägt von „Humanitarismus“. Die junge Generation von Afghanen, die in den 20 Jahren des Hilfseinsatzes für das Land aufgewachsen ist, verlässt ihre Heimat. Bei Weitem nicht alle, die das tun, sind durch die Taliban bedroht. Sie werden dringend für den Neuaufbau des Landes gebraucht. Auch die neuen Machthaber wissen, dass bestimmte Funktionsträger für das Funktionieren des Staates erforderlich sind. Dazu gehört auch der Betrieb von Flugplätzen wie Masar-i-Sharif durch eigene Fluglotsen. Als ehemals Zuständiger für den dortigen Flugbetrieb habe ich die Entwicklung vor Ort miterlebt. Neben zahlreichen anderen Maßnahmen wie dem Bau eines modernen Flughafengebäudes und der Kontrolleinrichtungen wurden damals junge Studenten an den Universitäten der Stadt für die Ausbildung zum Fluglotsen rekrutiert. Nach absolvierter Sprachprüfung entschlossen sich rund die Hälfte der Auszubildenden für den Abbruch, um – einträglicher – als Dolmetscher für die Streitkräfte und/oder zivile Hilfsorganisationen zu arbeiten. Die Anstellung und Bezahlung der Verbliebenen – ein Vielfaches eines Professoren-Gehaltes der Universitäten – erfolgte über den zivilen Betreiber des Flugplatzes, einen guten „Bekannten“ des Provinz-Gouverneurs und ehemaligen Mudschaheddin-Generals Mohamed Attar. Zu den Aufgaben der zuletzt eigenverantwortlichen afghanischen Fluglotsen gehörte die erforderliche Kontrolle des zivilen und militärischen Flugbetriebes, die für den sicheren Betrieb eines Flugplatzes unabdingbar ist. Wer soll dies zukünftig leisten? Türkische Streitkräfte wie in Kabul?
Hans-Georg Schmidt
Riedering