Zu den Berichten „Menschen“: Walter Krämer und Dieter Hallervorden (Weltspiegel-Teil):
Wir erleben zur Zeit, dass unsere deutsche Sprache in den Mühlen der Politiker und Medien regelrecht geschreddert wird und dabei wieder zu neuen Ausschließungen führt. Mit der Verhunzung der Sprachregelungen soll die Verbeugung von bestimmten Ideologien bekundet werden – spätestens da bin ich anderer Auffassung. Es geht mir nicht darum, die moderne Umgangssprache oder gar die bestehende „Schriftsprache“ zu denunzieren, weder im Deutschen, noch im Englischen, und es kann auch nicht um lückenlose Kritik an den zahllosen Fachausdrücken gehen, die uns Wissenschaft und Technik fast alltäglich bescheren; denn natürlich braucht jede neue Erkenntnis, jeder neue Apparat, jedes neue Verfahren auch eine neue Bezeichnung.
Anders verhält es sich freilich mit jenen Sprachungetümen, in denen sich deutsche, lateinische, griechische und englische Wortteile paaren und die dann noch mit der Gendersprache ergänzt werden. Der interessierte Bürger aber steht, sofern er von der Sache nur halbwegs eine Ahnung hat, staunend daneben. Ist er gutgläubig, so denkt er sich „Kauderwelsch“. Ist er es nicht, so fühlt er sich ganz einfach hinter die Fichte geführt. Mir geht es nicht um Deutschtümelei, aber um Respekt vor der Muttersprache schon. Sprache und kulturelle Identität gehören zusammen, der Verlust an Sprache bedeutet daher immer auch den Verlust an kultureller Identität. Wir haben in unserem Land das Glück, jederzeit über alles umfassend informiert zu werden. Die Herausforderung besteht jedoch darin, hinter Fachsprache und Floskeln den Kern zu „begreifen“. Klartext ist hier gleichermaßen von Politikern wie auch von Journalisten gefragt. Wo die direkte Kontrolle fehlt, wächst den Journalisten eine Wächterkontrolle zu: „Journalisten müssen die Nebelsprache durchdringen und entlarven.“
Wenzel Schuster
Töging