Hoffnung auf eine Erneuerung der Kirche

von Redaktion

Zu den Berichten über das Missbrauchsgutachten in der katholischen Kirche (Politikteil und Lokalteil):

Ja, in der Kirche ist Schreckliches passiert, woran die Opfer bis heute seelisch leiden. Ist das nicht Grund genug, um der Kirche den Rücken zu kehren? Mit dem Kirchenaustritt verliert man auch Jesus aus den Augen. Dabei brauchen wir Jesus in schwierigen Zeiten ganz besonders. Wenn es uns drängt, andere zu verurteilen, mahnt er uns: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.“ Wenn unsere Seele leidet, verspricht er uns, dass er sie gesund machen kann. Wie soll denn das geschehen?

Da bietet er uns eine völlig widersprüchliche Methode an. Wir sollen die Feinde lieben, für sie beten und ihnen vergeben. Das ist doch verrückt, das kann doch kein Mensch. Stimmt. Keiner kann von sich aus dieser Forderung nachkommen. Nur wer gelernt hat, Jesus zu vertrauen, wird diesen waghalsigen Schritt wagen. Jesus hat ihn doch selbst vorgelebt. Nach dem grausamen Martyrium am Kreuz hat er gesprochen: „Vater vergib ihnen.“ Jesus weiß, wie Vergebung geht. Er weiß auch, was Vergebung bewirkt: Bitternis verschwindet aus dem Herzen, der Friede kehrt ein und Freude macht das Leben wieder lebenswert. Es bestätigt sich, was wir bei jeder heiligen Messe hören: „Sprich nur ein Wort und meine Seele wird gesund.“ Wer also seelisch gesund sein will, tritt nicht aus der Kirche aus, sondern geht so oft wie möglich in eine Kirche hinein. Dort wartet Jesus immer auf uns.

Hildegard und
Günter Sochatzy

Kirchdorf

Dem Orden der Barmherzigen Brüder rechne ich hoch an, dass er sich schon 2010 öffentlich im Internet (Schülerheim Algasing) für Züchtigungen und Diskriminierungen in den 1950er-Jahren im Kloster Algasing bei Dorfen bei uns ehemaligen Internatsschülern entschuldigt hat. Drei Jahre als Zehn- bis 13-Jähriger waren die dunkelsten meines Lebens und wie in den heutigen diversen Fällen lag beiderseitiges Schweigen über dem einstigen Kloster. Der Orden hat jedoch alles tausendfach gutgemacht. Heute ist Algasing eine Vorzeigepflegeeinrichtung für alle Bereiche körperlicher und geistiger Behinderungen, ganz im Sinne des Ordensgründers, des heiligen Johannes von Gott.

Peter Weigel

Riedering

Unausgewogene Berichterstattung in Sachen Missbrauch bedarf der dringenden Berichtigung. In Kapitel 68, der Skandal des Missbrauchs der Biografie Benedikt XVI. von Seewald (2020), findet man auf Seite 938 den Fall des Essener Priesters so beschrieben, wie der emeritierte Papst dies jetzt bestätigt und erklärt hat. Würden sich die übereifrigen, vorurteilsbehafteten Kritiker des besagten Kapitels bemühen, müssten sie in Sack und Asche gehen, da Ratzingers/Benedikts Aktionen und Maßnahmen gegen Missbrauch und entsprechende Täter eine lange Liste ergeben.

Auch seine Äußerungen zu Schuld und Versäumnissen sowie Gebete und persönliche Zuwendungen zu Opfern sind zahlreich, er ist ein nachahmenswertes Beispiel in Fürsorge und Hinwendung; ein entsprechend detaillierter Leserbrief würde mehrere Seiten beanspruchen. Die Beweislast gegen die Aufkocher alter selbstgerechter Vorurteile, absichtlich informationsarme Schreiber und Verleumder ist erdrückend. Die schwammigen Formulierungen hochwahrscheinlicher Abläufe lässt das Gutachten zu einem Machwerk schrumpfen. Beweise sehen anders aus.

Auch einigen Bischöfen und Priestern ist die Wahrheitsliebe und das Beurteilungsvermögen an den Tischen des sogenannten synodalen Wegs in Deutschland abhanden gekommen. Es lebe die heilige katholische und apostolische Kirche.

Dr. Stephan Maria Hitzel

Raubling

Ich bin Lektor in der katholischen Kirchengemeinde Kastenau und übe dieses Amt gerne aus. Auch mich stört und beeinflusst die extrem schwache Vorstellung der katholischen Kirche. Ihr Versagen, Realitäten zu erkennen und entsprechend zu handeln, ihr Schutzverhalten übelsten Straftätern gegenüber und dann noch so zu tun, als müsse man Missbrauchstäter verschonen, um der Kirche nicht zu schaden – alles nur charakterlos und verlogen. Von Benedikt angefangen über Marx und andere Kardinäle und Bischöfe, die ihr Amt schnellstens niederlegen sollten. Denn nicht der Vatikan zahlt ihre horrenden Gehälter, sondern der Steuerzahler. So, als Hartz-IV-Empfänger, lernen sie vielleicht Demut, die Papst Franziskus von ihnen verlangt.

Die Austritte aus der Kirche zeigen, wie schädlich, beschämend und gegen den Glauben verstoßend ihre Handlungsweise war und ist. Wie anmaßend ihr Verhalten, den Segen zu spenden. Jetzt bietet sich die Möglichkeit des Neuanfanges, aber radikal und nicht Salamitaktik. Entfernung der Täter aus der Kirche, Überstellung von Straftätern zur Justiz und Einbindung der Laien in die Verantwortung und Gestaltung der Kirche.

Endlich den großen Schritt vollziehen und die Frauen in die Priesterschaft aufnehmen – und dann weiter in die Bischofsämter. Damit die Kirche wieder Gefühle zeigt, menschlich wird und den Mitmenschen zugeneigt ist. Denken wir an die Priester, die demütig und ehrlich ihr Amt ausüben, so wie zum Beispiel unser Pfarrer Zach und seine Mitstreiterin Maurer oder Pfarrer Schießler. Sie brauchen die Wertschätzung und sollen ihre Zeit und Kraft nicht für die Aufarbeitung der Fehler der großen Kirchenfürsten sinnlos vergeuden. Ich bin Lektor, weil mich die Botschaft Jesu überzeugt, seine Aufforderung für ein gottgerichtetes Handeln, das den Menschen achtet. Den Menschen, die er so liebte, dass er sein Leben gab. Jesus hat nie die Unfehlbarkeit der Päpste angekündigt, er hat nie gesagt, die Frauen haben keine Berechtigung, das Priesteramt auszuführen. Er wollte Frieden für alle.

Helmut A. Meier,

Rosenheim

Ein Erdbeben löst dieses brisante Thema schon lange nicht mehr aus. Sondern es zeigt mir die gewaltige Scheinheiligkeit der Kirche, die es geradezu glänzend versteht, „gebrauchsunfähige Männer“ zu erzeugen. Siehe der irreversible Zölibat. Aber dieses Thema wird mit großer Sorgsamkeit umgangen. Man rechnet vielmehr mit der Dummheit der Gläubigen, denn passieren wird eben nichts, wie schon immer.

Barbara Graubner

Aschau

15 Jahre war ich in einer kleinen Dorfkirche Ministrant, die an der Grenze des Erzbistums München und Freising liegt. Die Pfarrer und Patres, denen ich am Altar diente, waren sehr nett und bestimmt. Denn sie waren Werkzeuge, die mir durch ihren Glauben an ein höheres Wesen den barmherzigen Gott zeigten. Sie alle haben mich nicht missbraucht, sondern zu einem mündigen Bürger und verantwortlichen Menschen in der Gesellschaft gemacht. Es gibt viele gute Priester, Werkzeuge Gottes, die einen tollen Job machen.

Doch leider gibt es neben der Existenz Gottes auch die andere Seite, die ich nicht benennen möchte, damit sie nicht noch mehr an Kraft und Macht gewinne, um unsere gute Sache und Einrichtung zu zerstören. Heute bin ich Lektor, Aushilfsmesner und Zusteller für eine Pfarrei in Rosenheim und mache das sehr gerne. Viele schöne Einrichtungen hat gerade die katholische Kirche ins Leben gerufen.

Bedenken Sie: Werkzeuge Gottes sind auch nur Menschen, die den Versuchungen standhalten müssen. Auch sie müssen nicht nur in der Osternacht ihren Glauben an Jesus Christus und an Gott erneuern und dem Widersacher täglich widersagen. Gottes Existenz ist hoch aktuell und gegenwärtig.

Christian Kosalec

Rosenheim

Kirche muss man auch jetzt verteidigen. Eine umfassende Aufarbeitung aller Missbrauchsfälle ist unumgänglich, um solche Vorfälle künftig zu verhindern. Ich wehre mich aber dagegen, die Kirche auf diesen Skandal zu reduzieren. Unsere Kirche wird schon länger von den Menschen außerhalb gerne als skandalträchtige, verkrustete, nicht zeitgemäße Institution wahrgenommen, obwohl oder vielleicht gerade weil es uns allen heute so gut geht wie noch nie in der Geschichte. Als getaufter Christ ist es mir zu einfach, deswegen gleich aus der Kirche auszutreten und mich so aus der Verantwortung zu stehlen.

Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, dieses Bild wieder zurecht zu rücken. Weltweit ist das Bild der katholischen Kirche durchaus anders – da steigt die Katholiken-Zahl gleichmäßig an. Deswegen finde ich es so schade, dass durch Negativ-Schlagzeilen alle guten, sozialen und mitmenschlichen Einrichtungen und Leistungen der Kirche und die täglichen Angebote in den Pfarreien überdeckt werden. Aber Kirche ist nicht, was über die Medien wahrgenommen wird – sondern wir alle Getauften, wir alle sind die Kirche, ihre Basis – jeder Einzelne. Du bist Kirche. Jeder Getaufte. Diese Gemeinschaft hat sich – seit es sie gibt – trotz permanenter Christenverfolgungen bis in die heutige Zeit, durch unzählige schwierige und turbulente Zeiten hindurch behauptet. Warum? Weil sie lebendig ist und ganz viele Menschen hat, bei denen man spürt, dass sie aus einem festen Glauben heraus Aufgaben, Ämter und Berufungen übernehmen, sich engagieren und mit sehr viel Herzblut dabei sind. Sie sind in jeder noch so kleinen Pfarrei zu finden. Ihre tägliche Arbeit wird durch die aktuelle Situation nicht einfacher, und sie freuen sich über jeden Zuspruch. Nicht wegducken! Lasst es uns gemeinsam besser machen.

Andreas Messerer

Feldkirchen-Westerham

Krisen haben auch immer eine Chance auf Neubesinnung beziehungsweise Neubeginn. So ergibt sich aus der gegenwärtigen Krise des zölibatären Lebens die Möglichkeit einer nüchternen und heilsamen Betrachtung. Zölibatär zu leben ist ein Ideal, das wohl von vielen nie ganz zu erreichen ist. Dies betrifft sicher auch das Ideal einer festen Partnerschaft in der Ehe. Zölibatär, in Partnerschaft oder in der Ehe zu leben und sie sinnvoll zu gestalten, ist jeweils eine Lebensaufgabe, beansprucht einen ganzheitlich. Dazu bedarf es eines ständigen, täglichen Einübens und Bemühens und kennt eben auch ein Gelingen und Scheitern, ein Vorankommen und Zurückfallen, ja Glück und Schmerz.

Vor beiden Lebensweisen sollen wir – trotz allen Vorfällen – Respekt zeigen. Jedoch muss man auch für die Männer (und Frauen), die dabei an ihre Grenzen stoßen und scheitern, deutliche Worte finden, wenn sie die Kontrolle über ihre Gefühle und Neigungen verlieren. Ich darf meine innere Unzufriedenheit oder sexuelle Verdrängung sowie narzisstische Neigungen nicht an hilflosen Geschöpfen oder Mitmenschen, an den Schwächsten auslassen. Denn Menschen, die in der Kindheit sexuellen oder emotionalen Missbrauch erlebt haben, leiden oft noch Jahrzehnte später an Ängsten und Depressionen oder sind suizidgefährdet.

Deshalb meine ich, dass sich ein Leben ohne eheliche Beziehung und ohne explizit sexuelle Beziehung aus religiösen Motiven und als Ausdruck einer kirchlich öffentlich anerkannten und gültigen Lebensform einer offenen und kritischen Auseinandersetzung stellen muss. Es soll nicht nur vor den Augen Gottes bestehen, sondern auch vor denen der Mitmenschen standhalten können. Beide Lebensweisen – zölibatäre wie eheliche – bedürfen also der Gnade Gottes.

Johannes Boldt

Stephanskirchen

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