Zu „Das Sprungbrett zur Macht: Merz Weg an die Fraktionsspitze ist frei“ (Politikteil):
Die „Dicke Sauerländer“
(Sauerländer Bockwurst-Spezialität) ist dem frisch gewählten Parteivorsitzenden und demnächst CDU-Fraktionsvorsitzenden heiß genug, um sie mit großem Appetit genießen zu können.
Nur der 95 Prozent scharfe Senf treibt einem doch die Tränen in die Augen. Dieses eindrucksvolle Wahlergebnis für Friedrich Merz scheint auf den ersten Blick eine eindeutige Bestätigung für ihn als Parteivorsitzenden zu sein.
Doch der Schein trügt, wenn man dieses Ergebnis nüchtern analysiert. Abgesehen von seinen drei verbissenen Anläufen zum Vorsitz hat er diesmal seine Trumpfkarte gezogen und mit der vorangegangenen Mitgliederabstimmung sein Ziel erreicht. Die Bestätigung durch die Parteitagsdelegierten war Formsache.
Zu denken sollte einem schon die offensichtliche Differenz der Wahlergebnisse zwischen Parteimitglieder- und Delegierten-Abstimmung geben. Merz ist mit Sicherheit nicht ein Parteivorsitzender seiner Mitgliederherzen, er ist das Ergebnis einer in sich zerstrittenen ehemaligen Partei der sogenannten Mitte.
Profitiert hat er vom unprofessionell geführten Wahlkampf seiner CDU und dem glücklosen Kanzlerkandidaten Armin Laschet. Der große Heilsbringer wird Merz niemals werden, da er nicht für einen wirklich gewollten Neuanfang steht. Als profilsüchtiger Politiker fehlt ihm der Zugang zur jüngeren Parteimitglieder-Generation. Diese drängen nicht nur in der CDU, sondern auch in den anderen Parteien immer mehr in Führungspositionen. Werden sie weiterhin, wie in der Vergangenheit, durch Einzelkämpfer kurzgehalten, wird man auch Merz mit seinem Wahlergebnis von 95 Prozent nicht lange Rückendeckung geben. Ein glaubwürdiger Neuanfang sieht für die Wähler anders aus.
Rainer Tschichholz
Kolbermoor