Die Daumenschrauben müssen aufgebrochen werden

von Redaktion

Zu den Berichten über den Krieg in der Ukraine (Politikteil):

War Gandhi ein Nazi? Diese Frage stellt sich, wenn man die aktuelle Diskussions-Logik betrachtet. Menschen müssen sich mittlerweile für ihre persönliche Meinung verantworten, wenn diese von politischen Gruppierungen geteilt wird. Man wird „gelabelt“, wenn man zum Beispiel die Haltung von Sahra Wagenknecht (Linke) oder Alice Weidel (AfD) befürwortet, dass der Ukraine-Krieg nicht mit Sanktionen und Waffen, sondern nur mit Diplomatie beendet werden kann. Ist man mit einer solchen Geisteshaltung „Rechts“ oder „Links“ – oder beides? Ein Mensch, der sich einsetzt für Waffenlieferungen in die Ukraine, um den Krieg so zu beenden: Ist er dann ein „Kriegstreiber“ und ein „Regierungs-Lemming“ oder nur ein Mensch, der hofft, dass ein Sieg gegen Russland den Krieg beendet? Ein Impfskeptiker oder ein Befürworter ist sofort „Corona-Leugner“, „Rechtsextremist“ oder „Schlaf-Schaf“. Aber nicht ein Mensch, der für sich selbst entscheidet, ob er sich impfen lässt und die Impfung befürwortet oder auch nicht. Statt die persönliche Aussage zu bewerten, wird die mögliche politische Richtung der Aussage bewertet und je nach Gusto ab- oder aufgewertet. Diese Abwesenheit von respektvollem Diskurs ist gefährlich. Sie fördert Konflikte und gefährdet den Frieden in der Gesellschaft. Denn genauso wenig wie Gandhi ein Nazi war, nur weil er wie Hitler Tiere gemocht und sich vegetarisch ernährt hat, war Hitler ein Mensch des Friedens. Der eine war ein Freiheitskämpfer und Friedensaktivist, der andere ein Massenmörder und Psychopath. Es ist notwendig, die meinungspolitischen Daumenschrauben aufzubrechen und wieder den Menschen in seiner Aussage zu sehen, anstatt als Erstes die Aussage politisch zu bewerten.

Hubert Kirmaier

Edling

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