Politiker sehen sich im Zerrspiegel

von Redaktion

Zum Bericht „Lindner droht Ärger wegen Bankkredit“ (Politikteil):

Ich habe in meinem Leben viele Lektionen gelernt und bin deshalb weit davon entfernt, ein politisches Märchenbuch aufzuschlagen, in dem sich auch noch eine CD befindet mit der altbekannten Melodie „Früher, ja, da war alles besser.“

Aber was uns heute in der politischen Arena geboten wird, das lässt nur eine Reaktion zu: Verzweiflung über den Verfall der Sitten und die Sorge um die noch immer zarte Pflanze der deutschen Schönwetter-Demokratie. Und wir alle, die aus den Luftschutzkellern gekrochen und noch einmal davongekommen waren, hüten uns, sie niederzutrampeln – ob leichtsinnig oder bewusst.

Die Gier, die Krankheit unserer Zeit, ist in der Politik angekommen und mit ihr die Arroganz der Macht. Und die bittere Erkenntnis: Die da oben sind nicht anders als die hier unten, ja, sie sind oft noch frecher, noch unbekümmerter, noch raffgieriger. Es sind nicht alle Politiker, beileibe nicht. Es sind nur wenige – aber diese wenigen Politiker genügen, um das öffentliche Bild zu verdunkeln.

Politiker sind hoch gefährdet, weil sie fast stündlich in einen Spiegel schauen, der sie extrem vergrößert, in die Höhe zieht oder breiter macht – wie ein Zerrspiegel auf den Volksfesten in alten Zeiten. Sie müssen von ihren Höhenflügen immer wieder auf den Teppich des normalen Lebens zurückgeholt werden. Die kritische Begleitung durch die Presse ist unerlässlich. Das Wort gilt heute mehr denn je: „Was moralisch falsch ist, kann politisch nicht richtig sein.“

Wenzel Schuster

Töging

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