Wo bleibt denn der Anstand?

von Redaktion

Zur Berichterstattung über das Gendern (Politikteil), zum Kommentar „Schleichende Entfremdung“ von Christian Deutschländer und zu den Leser-Reaktionen auf das Thema „Studierende? Nicht in der Freizeit!“, „Verbohrte Sprachideolog*innen“ und „Ärger um gendergerechte Sprache“
(Leserbriefseite):

Die Leserbriefe der beiden Damengemeinschaften am ersten Augustwochenende vermitteln viel Ideologie, aber keine Fakten. Sie lassen sogar von Christian Deutschländer gelieferte Belege vermissen, der eine korrekte Beschreibung der Lage liefert. Fakten gäbe es auch bei einer einfachen Internetrecherche. Mehr als 75 Prozent der Bürger lehnen die Gendersprache ab. Anstatt also unsere Sprache mit Stern, Doppelpunkt, Unterstrich oder Schrägstrich im Wortinneren zu drangsalieren oder das Binnen-I und absurde Partizipien einzuschleusen („zu Fuß Gehende“), sollten die Genderfreunde mit Handeln für die Gleichberechtigung eintreten, in dem sie dort laut werden, wo wirklich diskriminiert wird. Sprache kann nicht diskriminieren, ihre Nutzer hingegen schon.

Es ist viel bequemer, in einem Stellvertreter-Konflikt die Sprache zu vergewaltigen, als dorthin zu gehen, wo Frauen und nichtbinäre Menschen wirklich schlecht behandelt werden. Waren die Damen schon bei Unternehmenslenkern, um für gerechten Lohn zu kämpfen? Haben sie diejenigen schon angesprochen, die inter- oder transsexuelle Menschen missachten? Natürlich nicht. Stattdessen wird die Sprache verunstaltet. Vielleicht denken die Damen über Migranten nach, die nichts mehr verstehen.

Gilt für sie jetzt der oder die Einwohner*in, Einwohner_in, Einwohner:in, Einwohner/in, EinwohnerIn oder Einwohnende? Gendersensibilität ist auch für Hör- und Sehgeschädigte eine Zumutung. Bei Autisten türmen sich vorher unbekannte Probleme auf. Von den rund drei Millionen Legasthenikern und Lernbehinderten in Deutschland ganz zu schweigen. Für sie wird das korrekte Schreiben und Sprechen nun erst recht zur Qual. Jedes zusätzliche Zeichen stört den Lesefluss erheblich.

Die eigene Eitelkeit zurückzustellen mit Rücksicht auf jene, für die Deutsch ohnehin schon schwer zu erlernen ist, wäre geboten.

Hugo Gollinger

Rosenheim

Genderwahn und Woke-Hysterie zerstören unsere Sprachkultur und so mancher fragt sich, weshalb die große Mehrheit der Bürger in Deutschland jede Form von „geschlechtersensibler“ Sprache ablehnt, aber die Genderfamilie ungestört ihr Werk vollbringen will.

Selbst die Stellungnahme des Rates der deutschen Rechtschreibung – immerhin der obersten Sprachinstanz – zur Bewahrung der Einheitlichkeit der deutschen Sprache, wird von der idelogiegetriebenen Bewegung nicht respektiert.

Vor einigen Wochen hat der Rat getagt und darauf verwiesen, Texte sollen verständlich und leicht lesbar sein. Mit diesem gewichtigen Argument hat der Rat entschieden, dass Wortbinnenzeichen wie der Genderstern, Doppelpunkt, Unterstrich, Binnen-I etc. nicht in das Regelwerk aufgenommen werden. Doch was kümmert das schon die Genderbefürworter? Die eigene vermeintliche „Nichtwahrgenommenheit“ steht vor dem Gemeinwohl. Also wird weiter gegendert.

Ärzt*innen, doch einen Ärzt gibt es im Deutschen nicht. Kolleg:in, auch ein Kolleg existiert nicht. Für kommende Wahlen steht wahrscheinlich noch der Bürger_inmeister_inkandidat_ zur Verfügung. Nun könnte man meinen, das wäre eine künstliche Konstruktion. Weit gefehlt, das ist die tägliche Praxis zur Verschandelung unserer Sprache. Aber neben den soeben genannten Gendersymbolen Stern, Doppelpunkt und Unterstrich hat sich die Gendergemeinschaft auch noch den Schrägstrich und das Binnen-I ausgedacht, um sie innerhalb von Wörtern zu platzieren, wo sie nicht hingehören.

Und dazu dann noch die absurden Partizipien. Hier eine kleine Auswahl aus Berlin: „Zehn tote Radfahrende in 2021“. „Die ertrunkenen Schwimmenden“ und „fahrende von Rollstühlen“.

Dr. Otto Kirschenhofer

Riedering

Das Partizip ist dann ein Partizip, wenn es eine momentane, aber vorübergehende Tätigkeit oder den Zustand eines Tätigen bezeichnet. Sonst ist es kein Partizip. Sie sind also gerade ein Lesender. „Studierende“, über die sich jüngst Herr Dr. Filous mokierte, wäre aber ein Hinweis auf den beruflichen Status eines Menschen. Der hört in der Mensa nicht auf – eben so wie Berufstätige, die nach Feierabend auch weiter Berufstätige sind und nicht etwa
Arbeitslose. Ein Kunstschaffende bleiben Künstler, auch wenn sie gerade nicht malen. Und wenn ich gerade eine Gebrauchsanleitung studiere, bin ich eben deswegen immer noch keine Studierende, sondern höchstens eine sich Ärgernde.

Wenn Studenten dreierlei Geschlechts also im Restaurant oder in der Mensa sitzen und gerade nicht essen (sonst wären sie Essende) oder vielleicht nur ratschen (Ratschende), sind sie deswegen noch lange keine keine Restaurierenden oder gar an manchen Tagen des Monats Menstruierende, sondern weiterhin Studierende, von denen höchstens einige aktuell menstruieren, essen oder ratschen.

Fazit: „Studierende“ ist also eine Berufsbezeichnung, die heute gern gewählt wird, weil sie den Vorteil hat, dass man sich mit ihrer Hilfe gut um das Gendern herumdrücken kann. „Studierende“ ist also ein Überbegriff wie „Studenten“ und kein Partizip.

Und wenn Sie mich gerade als Erbsenzählerin (Erbsenzählende) sehen wollen, ist das auch kein Partizip, sondern eine Bezeichnung eines Menschen für seinen Denk-, Arbeits- und Verhaltensstil – mit leicht wertendem Unterton. Sozusagen ein alles genau nehmender Auseinanderfiesler mit einem Gendersternchen, dem so etwas nun mal Spaß macht. Aber damit angefangen haben Sie.

Ursula Mayr

Übersee

„Verbohrte Sprachideolog*innen“? Herr Kürner, wo bleibt Ihr Anstand? Die Damen Mayer und Co. haben Ihnen persönlich nichts getan, sie beschreiben lediglich ihre Meinung. Das ist ihr gutes Recht.

Meinungen äußern darf jeder, wir leben schließlich in einem freien Land. Man muss diese ja nicht teilen. Bitte aber alles mit Anstand und Respekt. Ein Recht auf persönliche Beleidigungen besitzt niemand.

Angelika Seebauer

Rosenheim

Werter Namens- und Geschlechtsbruder Kürner, ich bin ja auch froh, dass Goethe und Schiller nicht genderten. Aber wir sollten anerkennen: Wir Männer haben viele Jahre lang Frauen nicht nur sprachlich schäbig behandelt. Das wird jedem klar, der sich „Die Unbeugsamen“ mal angesehen hat.

Sprachentwicklung ist ein langer Prozess, der Geduld braucht. Warte einfach ab. Unsere Kinder werden das völlig entspannt hinbekommen. Woher weißt du, dass es die Minderheit ist, die eine Veränderung will? Und: Das Wort „Vergewaltigung“ am Ende deiner Zeilen ist völlig daneben, es sind wir Männer, die entspannt durch einen dunklen Tunnel gehen können. Kein Grund, die in deinem Leserbrief genannten Frauen so aggressiv und abwertend anzugehen.

Hans Lampert

Brannenburg

Artikel 1 von 11