Bierzeltpolitik versus Polit-Intrige

von Redaktion

Zur Berichterstattung um die Flugblattaffäre und zum Bericht „Aiwanger in Bedrängnis: Lehrerin erinnert sich an unglaubliche Attacke“ (Politikteil):

Muss da nicht auch etwas in der Geschichtsaufarbeitung falsch gelaufen sein, wenn eine jugendliche Verfehlung vor über 30 Jahren wie im Fall Aiwanger zu Regierungskrisen führt? Wer eifrig auf Suche nach Spuren des Antisemitismus ist, sollte sich vorher mit den Balken im eigenen Auge beschäftigen. Es ist auch ohne einem Grundwissen aus der Aggressionsforschung leicht nachvollziehbar, dass junge Leute zu Gegenreaktionen neigen, wenn sie wiederholt mit Verbrechen des Dritten Reiches konfrontiert werden, wofür sie selbst nicht verantwortlich gemacht werden können. Es wäre sinnvoll, wenn ihnen zumindest mit der gleichen Intensität positive Helden wie Oskar Schindler, Pater Ingbert oder Dr. Fritz Gerlich als Vorbilder vor Augen geführt werden. Offensichtlich gibt es aber seit Jahren eine Übersättigung an Dachau- wie Auschwitz-Fahrten. Hat nicht auch das demonstrative Holocaust-Denkmal in Berlin die massive Judenvernichtung in Deutschland einzementiert? Kaum jemand wird hier daran denken, dass die geistigen Gasöfen für die Verbrechen lange vor der NS-Zeit und vor allem nicht in Deutschland allein entstanden sind. So ist es nachvollziehbar, dass nicht wenige Deutsche glauben, sie müssten allein die moralischen Weltmeister in der Schuldabtragung sein.

Simon Kirschner

Gaimersheim

Was ist faul an dieser Geschichte? Der Text des Flugblattes ist derart widerlich und menschenverachtend, dass man sich unwillkürlich fragt, warum die beiden Aiwanger-Brüder nicht postwendend von der Schule geflogen sind, was absolut in Ordnung gewesen wäre. Im frommen Mallersdorf scheint man da recht großzügig beim Wegschauen gewesen zu sein. Ist das des Pudels Kern? Ein Lehrer, eine Lehrerin, war damals zu feige oder einfach zu unbedeutend, um sich gegen die Vorgesetzten zu stellen, die ein Referat als Strafe wohl ausreichend empfunden hatten? Könnte passen. Man ist auch heute zu feige, seinen Namen zu nennen. Aber warum wartet man 35 Jahre mit der Veröffentlichung? Weil man jetzt in Pension ist und der Lebensabend gesichert? Sehr interessant ist da die Meinung Michael Wolffsohns. Wolffsohn ist nicht unumstritten, aber blitzgescheit und sieht häufig sehr klar hinter die Kulissen. Herr Anastasiadis, den wir bisher als seriösen Journalisten sehr schätzten, vergleicht die Affäre Aiwanger sogar mit den Lügen Donald Trumps. Die Macht eines Donald Trumps mit der eines Hubert Aiwangers zu vergleichen, ist an Aufgeblasenheit nicht zu überbieten. Mit gutem Journalismus hat das nichts mehr zu tun. Seit wann gelten in diesem Land die Unschuldsvermutung nicht mehr, seit wann verbreitet eine Zeitung anonyme Anschuldigungen weiter, seit wann werden Verfehlungen nach 35 Jahren „aufgearbeitet“. Das nennt sich Journalismus in einem Rechtsstaat! Wie sagt Hercule Poirot so oft: Cui bono! Wem zum Vorteil? Eben.

Gisela Terla-Kolbeck

Wasserburg

Bayern braucht keinen Hubsi mit Rückenprotektor. Bayern braucht auch keinen Hubsi, der auf einer Demo ordinäres Zeug rumschreit und in Ermangelung von eigenen guten Ideen, andere, absolut demokratische Parteien, populistisch diffamiert und dafür in Bierzelten bejubelt wird. Bayern braucht keine Politiker, die schwitzend von Festzelt zu Festzelt tingeln, immer die Bratwurst fest im Griff und nur über andere in übelster Weise herziehen. Sprechblasen kommen in Bierzelten besonders gut an, das mag ja dort recht lustig sein. Aber ist die Führung unseres Landes zur Volksbelustigung gewählt worden? Zur Unterhaltung sind Comedians da, wie Monika Gruber. Bayern braucht keine Männer, die den Rechtspopulismus gesellschaftsfähig machen. Bayern braucht junge, mutige Männer und Frauen, die dieses schöne Land in die Zukunft führen und nicht in die 50er-Jahre zurück. Männer und Frauen, die sich Politik trauen, die eine saubere Vergangenheit gelebt haben und denen nicht auch nur der kleinste Hauch von Rechtsextremismus anhaftet. Männer und Frauen, die es nicht nötig haben, andere madig zu machen, weil sie selbst integer sind und intelligente zukunftsweisende Politik machen können. Männer und Frauen, die entschlossen die Energie- und Verkehrswende anpacken, die Strategien zur Klimaanpassung entwickeln und unsere wunderbare Restnatur schützen. Für diese Aufgaben wählen wir sie und nicht zum Bratwurstessen.

Angela Kind

Prien

In der Berichterstattung in der Sache Aiwanger ist von vielen Berufenen und wenig Berufenen viel erklärt und gesagt worden, zum Thema oder am Thema vorbei. Pro und Kontra halten sich hier die Waage. Unterbelichtet und nicht ausreichend gewürdigt scheint mir die Situation des Lehrers, der die ganze Angelegenheit jetzt nach 35 Jahre aufgebracht hat. Das Flugblatt war öffentlich und damit kein Geheimnis. Die Verletzung eines Dienstgeheimnisses könnte aber die Weitergabe der Strafarbeit von Herrn Aiwanger sein, die dann einem Sachverständigen zur Begutachtung vorgelegt wurde. Der kam angeblich zu dem Urteil, dass die schriftliche Arbeit und das Flugblatt auf der selben Schreibmaschine getippt worden seien.

Weiter wurde berichtet, dass der Disziplinarausschuss der Schule Herrn Aiwanger zu einer Strafarbeit verurteilt hat. Die Weitergabe dieser Interna – die Arbeit des Disziplinarausschusses und die Strafarbeit für Herrn Aiwanger, stellt möglicherweise eine Verletzung der schulischen Geheimhaltung dar, und war auch sicher nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.

Die Süddeutsche hat nach meiner Meinung diese Verletzung des Dienstgeheimnisses mit der Veröffentlichung dieser Interna billigend in Kauf genommen. Das ist der eigentliche Skandal der SZ! Eine weitere Frage, die sich daraus ergibt, ist, ob dieser Lehrer eventuell noch weitere Unterlagen oder Dossiers auch von anderen Schülern oder gar Lehrern aus dem Kollegium in seinem Besitz hat? An der ehemaligen Schule Aiwangers gibt es jedenfalls keine Unterlagen mehr zu diesem Thema. Übrigens, das Dokument, das dem Spiegel in Kopie vorliegt, trägt keine Hinweise auf eine Autorenschaft oder Mitwirkung Aiwangers. Das ist so in den Medien zu lesen.

Franz Smeets

Feldkirchen-Westerham

Wie Aiwanger andere zu einem Freiflug durch den Auschwitzer Schornstein eingeladen zu haben und nun zu lamentieren, dass jemand durch die Aufdeckung dieser Tatsache seine berufliche Karriere gefährde, zeugt von einem Weltbild, das ausschließlich um das eigene Ego kreist. Wie will Aiwanger als stellvertretender Ministerpräsident einer anderen Person, die den Staat vertritt – Polizisten, Soldaten, Beamten, Lehrer oder wem auch immer – gegenübertreten, der menschenverachtende Parolen von sich gibt und dann sagt: „War ja gestern. Deswegen können Sie mir doch nicht meine berufliche Existenz beschädigen!“

Das Problem ist nicht, dass Aiwanger vor Jahrzehnten Menschenverachtendes propagiert hat. Das Problem ist sein heutiger Umgang damit, der zeigt, dass sich seit damals nichts daran geändert hat, dass er sein Ego populistisch auf Kosten anderer aufbaut – ganz flexibel, je nachdem, wer gerade als Feindbild geeignet scheint. Eine Gesellschaft lebt von Menschlichkeit, Solidarität, Verbundenheit und Hilfsbereitschaft. Aiwanger demonstriert durch sein politisches Auftreten das Gegenteil und ist deshalb ungeeignet für ein gesellschaftliches Amt. Dabei wäre es so einfach: Aiwanger könnte seine Aussage, dass er in seiner Jugend Mist gebaut hat, kombinieren mit öffentlicher Dankbarkeit dafür, dass es nun wieder aufblühendes jüdisches Leben in Bayern gibt. Er könnte aufhören, sich auf Kosten anderer zu profilieren und ordentliche, positive Politik machen. Dann wäre das widerliche Verhalten von damals so was von gestern und die obigen Probleme erledigt. Aber es scheint doch beim Alten geblieben zu sein. Und damit ist er politisch unerträglich.

Michael Krauß

Rohrdorf

Den Freie-Wähler-Chef versucht man, aufgrund einer Jugendsünde nach 35 Jahren fertigzumachen und ans Kreuz zu nageln, nur damit von den eigentlichen Problemen der jetzigen Regierung abgelenkt wird. Die jetzige Regierung hat, wie man überall lesen und hören kann, das Vertrauen der Bürger verloren und Angst, die Wahl zu verlieren. Also versucht man, mit einem schmutzigen Thema dem Gegner zu schaden und von der eigenen Unfähigkeit, für die Bürger da zu sein, abzulenken, um Stimmen vor der anstehenden Wahl einzusammeln. Ich glaube nicht, dass die SPD und die Grünen mit ihrer Vorverurteilung Stimmen gewinnen können, eher im Gegenteil.

Warum haben die Freien Wähler und die AfD so einen Zulauf? Doch nicht, weil sie besser sind, sondern weil die Regierung zerstritten ist und am Volk vorbei regiert. Wer ohne Jugendsünde ist, werfe den ersten Stein auf Aiwanger oder halte den Mund. Aiwanger hat sich entschuldigt und man sollte ihm nach 35 Jahren das auch abnehmen und ihm verzeihen.

Peter Zahn

Riedering

Jetzt vor den Wahlen gräbt die Süddeutsche Zeitung nach alten Vergehen. Egal, wie lange sie her sind. Was da vor 35 Jahren passiert ist, ja, es ist passiert. In dieser Schule wird es sicher besprochen und aufgearbeitet worden sein. Dafür sind Schulen da und an Aiwangers Familie ist das sicher auch nicht spurlos vorbeigegangen. Jetzt wird nach Jahrzehnten etwas aufgewärmt, nur um jemandem und seiner Partei Schaden zuzufügen. Da sollte sich doch jeder mal die Frage stellen: „Wem nützt es“? Hat sich Herr Aiwanger in seiner politischen Wirkungszeit in dieser Richtung irgendetwas zu Schulden kommen lassen? Sind alle, die jetzt über ihn herfallen, so unzufrieden mit seiner Arbeit und seiner Partei? Muss man da jetzt auf einen 35 Jahre alten Zug aufspringen, um ihn mundtod zu machen, nicht mehr tragbar für seine Partei, nicht mehr tragbar für die CSU als Koalitionspartner? Immer mit der Frage im Hinterkopf: „Wem nützt es?“ Jeder Mensch hat in seiner Vergangenheit (meist in Jugendjahren) irgendeinen Mist gebaut, etwas was er gern ungeschehen machen würde und was verschwiegen in der Familie bleibt. Jeder hofft, es möge nie wieder ans Tageslicht kommen. Nach so langer Zeit einem Menschen die Karriere zu zerstören, der sich in dieser Richtung nichts mehr zu Schulden hat kommen lassen, finde ich unangebracht und politisch unkorrekt.

Manuela Böttcher

Großkarolinenfeld

Ich finde es absolut nicht in Ordnung, jemanden so vorzuverurteilen, bevor man die Fakten kennt. Die Medien überschlagen sich täglich, ohne etwas Genaues zu wissen. Es ist schon sehr verdächtig, dass sich das Lehrpersonal nach so vielen Jahren nun plötzlich allesamt so gut erinnern kann. Die große Frage ist nun: Wo wurde der Vorfall gemeldet, der Amtseid hat sie nicht davon abgehalten. Nun könnte es ein Problem werden, da die Verschwiegenheitspflicht auch nach der Beendigung des Dienstverhältnisses weiterhin besteht. Nun zu den Fakten! Ich verabscheue solche Schriften und auch jeden Kommentar in diese Richtung. Nachdem ich längere Zeiten in Amerika verbracht habe, weiß ich sehr genau, wovon ich spreche und halte Rassismus in Wort und Schrift für eines der größten Probleme unserer Zeit. Wir hatten das schon einmal und jeder der unsere Geschichte und Politik kennt, weiß, wovon die Rede ist. Es ist eine Schande, auf diese Weise Wahlkampf zu betreiben. Manch andere Partei sollte, bevor sie nach Verurteilung ruft, ihre eigene Parteivergangenheit durchforsten – man wird bestimmt fündig.

Karin Reynolds

Kolbermoor

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