Zum Bericht „Erstes Wasserstoffnetz entsteht in Oberbayern“ (Bayernteil):
Reflexhaft folgt zu jedem Wasserstoff-Projekt der Einwand, grüner Wasserstoff sei teuer und ineffizient. Das ist noch korrekt. Und auch dann, falls man den Strom direkt nutzen könnte. Betrachten wir die Energieversorgung insgesamt, gilt es aber zu beachten: Der Bedarf an über das Netz übertragener elektrischer Leistung schwankt stark und schnell. Deshalb muss etwa das Doppelte des mittleren Bedarfs an Erzeugungsleistung aufgebaut werden. Damit werden Schwankungen um den Mittelwert gut aufgefangen. Das ist bei jeder Kraftanlage so: Der Motor eines Fahrzeugs, die Heizung eines Hauses oder die Kräfte eines Menschen verfügen über mehr installierte Leistung, als für die Beibehaltung einer mittleren Geschwindigkeit, das Heizen bei mittelkaltem Wintertag oder mittelschnelles Gehen mit mittlerer Traglast benötigt wird. Die Windräder, Solarparks und andere werden also im Mittel wesentlich mehr elektrische Energie erzeugen als direkt verbraucht wird. Und mit diesem Überschuss wird sinnvoll Wasserstoff erzeugt. Das ist auch bei mäßigem Wirkungsgrad effektiver, als die Anlagen bei Starkwind oder Nachfrageflaute abzuschalten und Erzeugern Ausfallzahlungen zu leisten. Wirkungsgrad ist wichtig, aber bezogen auf die Energieversorgung insgesamt und nicht auf die Komponente Elektrolyseur. Denn ein optimales System ist eine geglückte Synthese aus suboptimalen Einzelkomponenten.
Dr. Karl Wieland Naumann
Mühldorf