Mehr Redlichkeit in der Diskussion gefragt

von Redaktion

Die Bundesregierung will aktuell die Landwirtschaft noch mit 300 Millionen Euro bei der Diesel-Subventionierung belasten. Die Kfz.-Steuer-Befreiung bleibt bestehen. Das müsste nicht sein, wenn man nicht gleichzeitig rund 250 Millionen Euro buchstäblich für Nichts ausgeben würde. (Gemeint sind die finanziellen Folgelasten des CSU-Maut-Unterfangens.) Die verbleibende Deckungslücke in Höhe von 50 Millionen Euro hätte bei Gesamt-Subventionen für die Landwirtschaft in Höhe von neun Milliarden Euro sicher keinen „Aufstand“ der Bauernschaft gerechtfertigt. Möglicherweise hätte man diese 50 Millionen auch anderweitig einsparen können. CSU-Vertreter werden mir jetzt sicher entgegnen, dass der hier aufgezeigte finanzpolitische Zusammenhang völlig absurd ist. Wirklich ?

Wolfgang Kuhn

Tuntenhausen

Der Landwirtschaft durch die Dieselkraftstoffrückvergütung ein Dieselprivileg zu unterstellen, ist nicht sachgerecht. Sie verbraucht den größten Teil des Dieselkraftstoffs zur Bestellung, Pflege und Ernte ihrer Äcker und Wiesen. Rund 100 Liter pro Hektar und Jahr sind dies, gut investiert, denn neben Nahrungs- und Futtermitteln kommt ein Vielfaches dieses Energieeinsatzes im Erntegut zurück. Tatsächlich gibt es ein wahres, bisher wenig beachtetes Dieselprivileg im ganz normalen täglichen Straßenverkehr: Die diskriminierende Besteuerung von Benzin mit gut 65 Cent pro Liter und schonungsvollen 47 Cent pro Liter für Dieselkraftstoff. Alle Dieselfahrer in Deutschland haben gegenüber den armen „Benzinschluckern“ ein Privileg. Würde die Bundesregierung diese Differenz auf das Benzin-Niveau anheben, könnte der Finanzminister bei rund 30 Milliarden Liter Dieselverbrauch (mit eingerechnet 19 Prozent Mehrwertsteuer – ein genial fiskalischer Schachzug, auf eine bereits erhobene Steuer nochmals Steuer zu erheben) sofort rund 6,4 Milliarden Euro einnehmen. Die heimische Landwirtschaft durch Abschaffung der Dieselvergünstigung schwer zu benachteiligen und das Dieselprivileg im Straßenverkehr unangetastet zu lassen, ist eine schäbige und niederträchtige Politik der übelsten Sorte. Die Landwirte sind es, die an 365 Tagen im Jahr für unsere Nahrung, liebenswerte Natur und Erholungslandschaft sorgen.

Dr. Rupert Schäfer

St. Wolfgang

Natürlich haben die Bauern das Recht, ihre Interessen zu verteidigen, aber je länger ich mich mit dem Thema beschäftige, desto mehr Fragen habe ich. Zunächst wird immer betont, dass es den Bauern nicht in erster Linie um das Geld geht, sondern dass sie grundsätzlich eine andere Agrarpolitik wollen. Das kann ich verstehen, aber die Grünen, die erst seit zwei Jahren den Agrarminister stellen, waren an den falschen Weichenstellungen auf EU-Ebene nicht beteiligt (im Gegensatz zur Spitze des Bauernverbandes). Warum trifft die Grünen der Zorn der Bauern? Da der Streit sich an den Subventionskürzungen entzündet hat, scheint das Geld doch eine Rolle zu spielen. Nun ist es aber so, dass die Gewinne der Bauern in den letzten beiden Jahren (der Ampelregierung) von durchschnittlich 60000 Euro pro Hof auf 115000 gestiegen sind. Der Abbau der Diesel-Subventionen würde nur einen kleinen Bruchteil dieses Gewinns ausmachen. Warum die Bauern sich nicht gemeldet haben, solange es ihnen (unter den CSU-Ministern) relativ schlecht ging, sondern jetzt, wenn es ihnen relativ gut geht, begreife ich nicht. Die Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung war keine spinnerte Idee der Ampelregierung, sondern ein Vorschlag des Bundesrechnungshofes, der von allen Parteien, einschließlich der CSU und der AfD akzeptiert wurde. Jetzt halten diese Parteien große Volksreden gegen den Beschluss. Ist das redliche Politik? Dann tauchte am Rande der Demonstration vom 8. Januar die Äußerung auf, man könne jetzt ja nur noch die AfD wählen. Laut Programm will die AfD aus der EU ausscheiden und alle Subventionen streichen! Damit würden aber rund 48 Prozent der Einkommen der Bauern wegfallen. Das sollen die neuen Partner der Bauern sein?

Detlef Dobersalske

Breitbrunn

Wir alle brauchen dringend mehr Lehrer, mehr Lokomotivführer, mehr Pflegekräfte, mehr Kitabetreuer, mehr Geld für Ladesäulen, Ärzte auf dem Land, Subventionen für die Landwirtschaft, Prämien für den Kauf von E-Autos, die Reparatur von maroden Brücken, für die Bundeswehr, mehr Windräder… Das einst so stolze ,,Made in Germany“-Land scheint ein einziges großes Armenhaus geworden zu sein. Was ist passiert? Wer hat Deutschland so in den Graben gefahren, sodass keiner mehr zufrieden ist? Und aus aktuellem Anlass noch eine Frage an die Unions-Innenminister: Plant ihr bei den Blockaden der Bauern auch eine Überprüfung bezüglich ,,Bildung einer kriminellen Vereinigung“ wie bei den Klebern der „Letzten Generation“?

Hans Lampert

Brannenburg

Also ich habe volles Verständnis für die Proteste der Bauern! Aber ich habe kein Verständnis, wenn die Aktionen mit subventioniertem Agrardiesel durchgeführt werden und dabei auch noch jede Menge CO2 in die Luft geblasen wird und die anderen Verkehrsteilnehmer ebenfalls gezwungen werden, wegen der Staus mehr Sprit zu verbrauchen und CO2 zu produzieren.

Bruno Meym

Rosenheim

Wir errinnern uns. Vor zwei Jahren hieß es: „Merkel muss weg“. Jetzt heißt es: „Die Ampel muss weg.“ Möglicherweise wird es in zwei Jahren heißen: „Merz muss weg.“ Warum? Die derzeitigen Probleme sind zu komplex, um durch einfache Antworten gelöst zu werden. Eine mögliche Nachfolgeregierung wird mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben und ich bezweifle, dass es mit dem Ansatz einer neoliberalen Markwirtschaft tatsächliche Lösungen geben wird. Noch weniger durch die lautschreierischen Einwürfe der Nichtdemokraten. Schauen wir noch mal zurück. Als Wolfgang Tiefensee 2008/2009 einen Bahnentwicklungsplan vorstellte, wurde dieser von seinem CSU-Nachfolger mit der Bemerkung, dieser Plan sei „ideologisch motiviert“ in die Tonne getreten. Das Wirken der anschließenden weiteren drei CSU-Verkehrsminister können wir alle bei den maroden Autobahnbrücken und dem Verfall des Eisenbahnnetzes begutachten. Es war ein CSU-Verteidigungsminister, der den Niedergang der Bundeswehr einläutete. Es war keine Grüne-Regierung, die den gleichzeitigen Ausstieg aus der Kohle und dem Atomstrom beschlossen hat. Dass die Energiewende anschließend von Herrn Altmaier, unterstützt von den bayerischen Ministerpräsidenten, erfolgreich torpediert wurde, ist schon fast ein Treppenwitz. Warum wird Windstrom im Norden abgeriegelt und gleichzeitig Millionen als Ausgleichszahlungen an die Betreiber bezahlt? Weil Bayern lieber den Strom aus dem Ausland bezieht als durch Leitungen vom Norden in den Süden. Übrigens, das Bauernsterben in Deutschland ist im Wesentlichen in der Zeit zu verzeichnen, in der CSU-Minister die Verantwortung trugen. Ich halte die derzeitige Bundesregierung auch für eine Chaos-Truppe, aber man sieht zumindest, dass sie um Lösungen ringen.

Werner Zehetmeier

Rosenheim

Bei allem Verständnis für die Durchführung der Bauern-Demonstrationen mussten wir am Samstag erleben, dass von einem möglichst reibungslosen Ablauf für unbeteiligte Passanten und Autofahrer keine Rede sein konnte. Es wurde von den Bauern in der Rosenheimer Innenstadt rote Ampeln überfahren ohne Rücksicht auf wartende Fußgänger oder andere Verkehrsteilnehmer. Da sich der Demonstrationszug auf einer öffentlichen Straße abspielte, sind meines Erachtens hier trotz allem die gültigen Verkehrsregeln zu beachten. Auch wurden Kreuzungen absichtlich mit Traktoren blockiert, sodass eine Durchfahrt für andere Verkehrsteilnehmer sowie eines im Einsatz befindlichen Rettungsfahrzeugs nicht möglich war. Hier wurde der Verkehr auch nicht stoßweise durchgelassen, sondern gar nicht mehr. Zudem wurden an er Ausfallstraße Richtung Süden beide Fahrspuren in eine Richtung blockiert. Dies grenzt schon sehr an Nötigung. Von der Polizei war niemand in Sicht, der die Blockade der Kreuzungen und der Fahrspuren überwacht hätte. Für mich ist ein solches Vorgehen äußert fragwürdig und trägt nicht unbedingt zum Verständnis für die Betroffenen bei.

Martina Reindl

Raubling

Wir waren am vergangenen Samstag mit unseren Pkw bei dem Demonstrationszug in Rosenheim mit dabei. Wir, eine Pädagogin, eine Altenpflegerin und ein Vertriebsmitarbeiter, wir sind keine Bauern und Spediteure, aber der Bogen ist weit überspannt, nicht nur für die Landwirte, was die aktuelle Ampelregierung und auch schon vorher die Große Koalition uns zumutet und zugemutet hat. Wir in Deutschland haben weltberühmte Komponisten und Dichter hervorgebracht, geniale Erfinder und Ingenieure, super fleißige Handwerker und Arbeiter. All dies wird von der aktuellen Regierung bewusst und mit maximaler Ignoranz in einer unglaublichen Geschwindigkeit an die Wand gefahren. Deshalb ist ein sofortiger Politikwechsel zum Wohle aller nötig. Es kann nicht sein, dass Rentner, die ihr ganzes Leben gearbeitet haben, Flaschen sammeln, dass Landwirte und Handwerker um ihre Existenz bangen, dass Altenheime und Krankenhäuser Gewinne abwerfen, dass soziale Berufe für den Mindestlohn arbeiten müssen und Milliarden in der Welt verschenkt werden. Ein sofortiger Politikwechsel ist gefordert, ohne Wenn und Aber. Deshalb sind die Demonstrationen so nötig und wichtig. Ein großes Lob an die Rosenheimer Bevölkerung für den Zuspruch, die den Demonstrationszug lautstark unterstützt haben. Danke an die Demonstrationsteilnehmer für das vorbildliche Verhalten, an die Polizei, die uns begleitet hat und an die super Organisatoren, weiter so!

Matthias Posch

Feldkirchen-Westerham

Wir bräuchten dringend wieder eine Regierung, die hinter den bäuerlichen Betrieben, dem Mittelstand und vor allem zu Deutschland mit seinen Bürgern steht. Unsere Regierung wäre eigentlich auch für die „Ernährungssicherheit“ in Deutschland zuständig, aber man hat das Gefühl, es interessiert keinen. Schade! Unsere Bauern brauchen Zukunft, faire Preise und das auch langfristig und nicht noch mehr Auflagen, Vorschriften und Verbote wie in den letzten Jahren! Zu bedenken: ohne Bauern kein Getreide, keine Bäcker, keine Verkäuferinnen – kein Brot! Unsere hart erwirtschafteten Steuergelder gehen fleißig in „Milliardenhöhe“ in alle Länder dieser Welt – aber für unser eigenes Land bleibt nicht mehr viel übrig, ja pfundig!

Peter Moosmüller

Bad Endorf

Das sogenannte Bauernsterben wird seit etwa 40 Jahren beklagt. Die von den Landwirten seit Jahrzehnten in großer Mehrheit gewählten Parteien, Union und FDP, haben in großer Einigkeit mit dem Bauernverband alles dafür getan, es zu beschleunigen und die Industrialisierung der Landwirtschaft vorangetrieben. Die bayerische Staatsregierung hat nun nach den beängstigend vielen reichsbürgernahen, demokratiefeindlichen und gewaltverherrlichenden Parolen der Protestierenden nichts Besseres zu tun, als Öl ins Feuer zu gießen. Lösungsvorschläge wie immer Fehlanzeige. Nach meiner Erfahrung mit auch gegenüber Radfahrern und Fußgängern rücksichtslosen Traktorfahrern in Rosenheim erinnere ich an die Töne gegen Klimakleber, die monatelang nicht zuletzt von Landwirten zu hören waren. Werden sie gegenüber sich selbst ähnlich rigoros in den Forderungen nach Strafen sein? Und hat schon jemand geprüft, ob es nicht Steuerbetrug ist, wenn mit für die Landwirtschaft zugelassenen Zugmaschinen und steuerbegünstigtem Diesel spazieren gefahren wird? Bei mir jedenfalls haben die Landwirte mit ihrem pubertären Potenzgeprotze frei nach „wir haben die Größten“ nicht nur viel Sympathie verspielt, mit fast 60 Jahren schäme ich mich erstmals meiner Herkunft als Sohn eines Bauern.

Martin Obermeyer

Rosenheim

Als Bäuerin verfolge ich mit Interesse die Aktionen der Bauern genauso wie die Reaktionen der Bürger. Die große Frage, ob die Demos von Radikalen genutzt werden, beschäftigt uns alle. Bauern sind ein Teil der Bevölkerung, deshalb gibt es bestimmt auch einen vergleichbaren Anteil an radikaler Weltanschauung wie unter Angestellten, Handwerkern oder auch Akademikern. Für mich ist der Aufschrei jetzt aber erforderlich, um die Mitte der Gesellschaft zu stärken. Wenn die Unzufriedenheit wächst, fördert dies diejenigen, welche die Gesellschaft durch Hetze zerstören wollen. Lieber ändern wir noch rechtzeitig einiges im Rahmen unserer Demokratie, auch und besonders durch Kritik, denn nach meiner Meinung ist ja der Umgang mit Kritik eine Stärke der Demokratie. Diese Meinungsäußerung darf aber nicht einfach abgetan werden. Demokratie lebt von Mehrheit und die besteht nicht nur aus Ideologen, zu dieser Mehrheit gehören auch alle anderen, beispielsweise die Gewerbetreibenden und Mittelständler, welche unseren Protest mit unterstützen.

Eva Kellerer

Raubling

Der Historiker Peter Frankopan zeigt mit seinen Überlegungen zu „Klima eine Menschheitsgeschichte“ auf und erklärt schlüssig, dass jene Eliten, die die Natur nicht erklären konnten und nicht mit dem Götterhimmel kommunizieren konnten, die falschen Entscheidungen trafen. Auch unsere europäischen Eliten haben die Kommunikation mit der grünen Welt verloren und ebenso den Kontakt zur Erde, Grün ist bestenfalls deren Parteifarbe. Vielleicht sollte man endlich zu einer erneuerten, gesetzesärmeren, abgabenärmeren Politik kommen. Es wäre höchste Zeit, sonst verspielen wir alles!

Sissi Lenhart

Mittenkirchen

Komische Welt: Wenn GDL und Landwirte tagelang bundesweit den Verkehr lahmlegen, hat der Großteil der Bevölkerung Verständnis dafür. Wenn dagegen ein paar „Klimakleber“ für wenige Stunden eine Straße blockieren, werden sie beschimpft, verprügelt und mindestens zu hohen Geldstrafen, wenn nicht sogar Knast verurteilt. Aber logisch: Bei Bauern und Lokführern gehts um mehr Geld, bei Umweltaktivisten nur ums blöde Weltklima. Was ich außerdem nicht ganz verstehe (aber wahrscheinlich bin ich auch dafür zu dumm): Wofür braucht es bei der Bahn zwei Gewerkschaften? Die EVG hat doch schon vor Kurzem Lohnerhöhungen erstreikt. Die konkurrierende und viel kleinere GDL mit ihrem geltungssüchtigen Selbstdarsteller Weselsky muss immer noch einen draufsetzen, um den EVG Mitglieder abzujagen. Wenn Weselsky in Ruhestand geht, wird es viele Tränen geben. Freudentränen!

Uli Bauer

Prien

Ich bin Jahrgang 1949, auf einem Bauernhof geboren und ich kenne Arbeit, Sorgen und Nöte der Landwirte. Es ist der erste Leserbrief meines Lebens. Grundsätzlich kann ich die Bauern verstehen, es tut jedem weh, dem man etwas wegnehmen will. Aber so kann es nicht weitergehen, die Natur ist am Limit! Wir leben hier im totalen Überfluss und haben den Zugang zur Verhältnismäßigkeit verloren. Die meisten von uns schwimmen wie Fettaugen auf der Hühnersuppe. Den anderen, kleineren Teil unserer Bevölkerung kenne ich auch, da ich Mitarbeiterin der Achentaltafel bin. 2022 habe ich mit meiner Enkeltochter ein Hilfsprojekt in Kenia begleitet, und habe dort so viel Elend erlebt, dass ich mich noch mehr reduziere, dann ich spüre jeden Tag, wie gut es uns hier geht in unserer herrlichen Natur und im Frieden, den ich aber jetzt gestört fühle. Die Auffahrt von großen Traktoren und anderem schweren Gerät erinnert mich sehr an Machtdemonstrationen totalitärer Staaten, und ich weiß, dass sie verunsicherten Menschen Angst machen. Liebe Landwirte, das ist kein Gutes auf sich und seine Problematik aufmerksam machen, Galgen aufstellen auch nicht. Es spaltet die Gesellschaft noch mehr. Wir müssen miteinander reden und Lösungen suchen. Die gibt es. Ziehen wir doch an einem Strang, zum Wohl unserer Kinder und Enkel.

Hedi Roeder

Marquartstein

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