Auf der Hochzeit des Ururenkels tanzen

von Redaktion

Zum Bericht „Das Sterben auf der Warteliste“ (Politikteil):

So langsam frage ich mich, in welcher Welt wir leben. Die Regelung mit dem Organspendeausweis ist eine gute Lösung. Aber der Vorschlag, zu Lebzeiten einer Organentnahme aktiv widersprechen zu müssen, geht mir dann doch zu weit.

Hier ein paar Gedanken dazu, die mich beschäftigen: Da werden kriminellen Machenschaften Tür und Tor geöffnet. Das haben wir ja schon erlebt. Ich weiß nicht mal, welchem, möglicherweise charakterschwachen Menschen, ich da meine Organe überlasse. Es wird auch tunlichst verschwiegen, dass man nach einer Transplantation Unmengen von Tabletten einnehmen muss, damit das fremde Organ nicht abgestoßen wird.

Mein Körper gehört nicht der Allgemeinheit, auch wenn er vielleicht nach meinem Ableben Begehrlichkeiten weckt. Ich denke, es wäre nötig, sich auch mal über die vorherrschenden Lebenseinstellungen vieler Leute Gedanken zu machen. Mit Würde alt werden und mit Würde sterben – das ist scheinbar nicht mehr „in“. Da setzt man schon lieber auf „Fake“. So wollen viele mithilfe unserer „selbstlosen Götter in Weiß“ ein paar Lebensjahre draufsatteln, wobei doch ein erfülltes Leben bestimmt nicht von der Länge abhängt.

Obwohl – wenn bei mir alle Gelenke mal ausgetauscht wären, ich einen Organmix aus Toten mein Eigen nennen dürfte und mit Hormontabletten vollgepumpt wäre, könnte ich womöglich noch auf der Hochzeit meines Ururenkels das Tanzbein schwingen. Nehmen wir’s mit Humor, auch wenn das gar nicht mehr lustig ist. Ich kann damit leben, wenn ich sterbe und wünsche es auch anderen von Herzen.

Regina Bacher

Bad Feilnbach

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