Vergebung kein Allheilmittel

von Redaktion

Zum Leserbrief „Vergebung schafft seelische Gesundheit“ (Leserbriefseiten):

Frau Sochatzy stellt in Ihrem Leserbrief die Frage, ob der „alte Mist“ von Missbrauch nicht „vergraben“ werden sollte, um Fruchtbares daraus erwachsen zu lassen. Die Täter von damals sind bereits gestorben; lassen wir also schützendes Gras des Schweigens über ihre Taten wachsen! Es stellt sich mir die Frage, wie weit kann der Wunsch nach Schutz der Institution Kirche eigentlich gehen?

Die öffentliche Empfehlung, mit Vergebung seelische Gesundheit und entsprechend ein gemeinsames Vergessen solcher schändlichen Taten zu schaffen, ist mir nur mit dem Wunsch nach kirchlicher Ritterlichkeit zu erklären. Wird hier jahrzehntelanges Leid und ein endlich beschrittener Weg der Verarbeitung von Taten, geschehen durch Priester einer Institution, die Sicherheit, Hoffnung und Vertrauen schenken könnte, nicht erneut zum Martyrium für die, die dieses Leiden ertragen mussten? Diese Priester haben Schuld auf sich geladen, die Institution Kirche hat nicht geholfen und die Gesellschaft damals ließ die Institution gewähren.

Wir müssen uns diesen Geschehnissen wenigstens heute stellen und auch gemeinsam dafür sorgen, dass solche Taten nicht aus dem Gedächtnis, auch nicht unter dem Deckmantel der Institution Kirche, verschwinden. Die Leiden von Missbrauchten als „Mist, der immer wieder stinkt“ zu bezeichnen, ist in meinen Augen, ein weiterer Schlag, der verwundet und einer Aufarbeitung hinderlich ist. Ich glaube, dass gemeinsame Aufarbeitung gelingen kann. Die Täter von damals sind das Übel, das auch Jesus aus dem Tempel geworfen hätte! Leider wurde damals versagt, daraus müssen wir alle lernen. Ich hoffe, dass uns dies gelingt.

Siegfried Maier

Haag

Dem Leserbrief von Frau Sochatzy kann man voll und ganz zustimmen. Die Opfer des Missbrauchs von Priestern fahren zur Zeit und zum zweiten Mal mit dem Radl alle Stationen ab, wo der Missbrauch stattfand. Aber macht das wirklich Sinn? Wut und Hass werden verstärkt. Man muss bedenken, dass diese Missbrauchstäter, welche sich an Kindern vergehen, geistig kranke Menschen sind.

Wie sagte Jesus am Kreuz? O Herr, verzeih ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. Frau Sochatzy hat es richtig beschrieben, indem sie äußert: Es ist sinnvoller, das „Vaterunser“ zu beten, in dem es heißt: Vergib die Schuld, denn auch wir vergeben unseren Schuldigern. Die größte Strafe für die Täter ist das schlechte Gewissen, welches sie täglich bis zu ihrem Tod begleitet. Gott ist der allerhöchste Richter und an ihm kommt kein einziger Mensch vorbei.

Edeltraud Schwarz

Pfaffing

Ach schade, dass manche Menschen so unbelehrbar und unempathisch sind. Die Frage von Frau Sochatzy, ob es sinnvoll ist, den „alten Mist“ immer wieder umzugraben, kann nur jemand stellen, der als Kind keinen jahrelangen Missbrauch überlebt hat. Denn dieser „Mist“ kommt von selbst hoch, ob man will oder nicht. Was soll daraus Fruchtbares entstehen, wenn man Dinge über sich ergehen lassen oder tun musste, die absolut nicht altersgerecht sind. Wenn man seine Kinderseele an einen anderen Ort schickt, damit man die Taten übersteht, körperlich und seelisch. Vergebung macht in diesem Fall keine seelische Gesundheit möglich.

Die Täter haben es ja nie bereut, im Gegenteil – sobald sie versetzt wurden, haben sie oft einfach ihre Abartigkeit weitergelebt. Es ist schon schlimm genug, wenn man nach einem oder jahrelangem Missbrauch von seiner Familie nicht verstanden wird, einem nicht geglaubt oder als „anders“ betitelt wird, weil man das alles nicht versteht, und leidet, keinem vertrauen kann – da sind so nicht qualifizierte Aussagen von Fremden nicht nötig. Wie mutig von den Betroffenen, sich öffentlich zu stellen bei einer Radtour. Vielleicht würde es Frau Sachotzy etwas die Augen öffnen, wenn sie Kindern, die so etwas durchmachen mussten, einfach nur mal zuhören würde, falls die kaputte Seele überhaupt Wörter zulässt.

Christine Wörndl

Raubling

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