Zum Interview „Der Soundtrack meines Lebens“ mit Boris Beckers Tochter Anna Ermakova (Kulturteil):
Obwohl ich zugegebenermaßen zur „Stutenbissigkeit“ neige und mehr als gerne über alle möglichen Promis ablästere – nicht über Anna Ermakova. Wann immer ich bisher etwas über sie gelesen habe, dachte ich mir: „Hut ab!“ Wie das Mädel ihr Leben anpackt: alle Achtung. Meinen Respekt hat sie voll und ganz. Bei dem familiären Hintergrund hätte ich volles Verständnis, wenn sie sich in die Jammerecke zurückgezogen hätte, um dort „Ohnmachtsplatten“ abzustapeln im Sinne von: „Was wäre ich für ein toller Mensch, wenn ich nur nicht grade diese Eltern hätte.“
Aber nein, ich habe noch nie eine abfällige Äußerung von ihr über ihren Papi, geschweige denn ihre Mami gelesen (und ich bin eine mehr als gewissenhafte Leserin sämtlicher Regenbogenblätter). Was den Papi angeht: Außer regelmäßigen Unterhaltszahlungen – damals hatte er noch Geld – dürfte er sich im emotionalen Bereich wenig um sein Töchterchen gekümmert haben. Immerhin hat er gezahlt. Das darf man nicht schlechtreden. Ich sag‘ nur: armer Amadeus.
Und die Mama – na – dass sie sich nicht wie ein willenloses Püppchen in die berühmte „Besenkammer“ ziehen lassen musste, steht ja wohl außer Frage. Allerdings – bei der Kindheit – als farbige Tochter einer Russin in Russland – woher soll da ein gesundes Selbstwertgefühl herkommen?
Aufs Ergebnis kommt es an, und was beide bisher daraus gemacht haben. Wie schon gesagt: alle Achtung. Kein Jammern, sondern aus den Gegebenheiten das Beste machen. Toll, dass es trotz unserer wirklich destabilisierenden Zeit noch solche Mädels gibt, die sich nicht zum armen Opfer stilisieren, sondern ihr Leben anpacken, indem sie nicht nur die Hauptrolle darin spielen, sondern zugleich noch der Regisseur sind.
Gabi Leitner
Rosenheim