Welche Verpflichtunghat noch der Amtseid?

von Redaktion

Zur laufenden Berichterstattung über die anstehenden Neuwahlen (Politikteil):

Nach Art. 64 Abs. 2 GG leisten die Mitglieder der Bundesregierung bei der Amtsübernahme vor dem Bundestag den in Art. 56 GG vorgesehenen Eid. Die Eidesformel lautet: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.“ Nach absolut herrschender Ansicht in der Literatur begründet die Ableistung des Eides gemäß Art. 64 Abs. 2, 56 GG weder Zuständigkeiten noch Rechte und Pflichten der Bundesregierungsmitglieder. Er ist „in keinem denkbaren Sinne konstitutiv“, sondern bekräftigt vielmehr deklaratorisch die im einfachen Recht und insbesondere in der Verfassung fixierten Pflichten von Bundeskanzler und Ministern. Eine etwaige Zuwiderhandlung ist demnach weder gerichtlich angreifbar noch strafbewehrt. Die maßgebliche Bedeutung des Eides liegt somit außerhalb der rechtlichen Sphäre. Das Regierungsmitglied bekundet unter Berufung auf von ihm als bindend empfundene ethisch-moralische Werte vor dem Bundestag und „in einer Form, die den besonderen Ernst dieses Versprechens dokumentiert“, den Willen zu haben, die Pflichten, die ihm die Rechtsordnung auferlegt, zu erfüllen. Offensichtlich ist der Amtseid also nur Lug und Trug. In Wirklichkeit muss sich die Politik für ihr Handeln, entgegen des Eides, nicht verantworten.

Gerhard Keller

Bruckmühl

Artikel 10 von 11