Zum Bericht „SPD will radikale Rentenreform“ (Politikteil):
Schon fängt die 16,4-Prozent-Partei SPD (mit Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas) an, Beamte sowie Selbstständige zur Zahlung in die Rentenversicherung zu zwingen, gleichwohl der Koalitionsvertrag etwas anderes aussagt. Dass die Unionsparteien dies kategorisch ausschließen, sei nur am Rande erwähnt.
Die Rentenversicherung hat kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem. Frau Bundesministerin Bas möge in ihrer Fraktion ein neues Rentensystem ausarbeiten und dem Bundestag zur Debatte vorlegen. Das wäre meiner Meinung nach alles andere als Augenwischerei. Auch die Aussage von DIW-Präsident Marcel Fratzscher, es sei ein sinnvoller Vorschlag, das bestehende Rentensystem ändern zu müssen, halte ich zum jetzigen Zeitpunkt (solange es keinen konkreten Vorschlag der Regierung gibt) für nicht zielführend.
Der Wunsch, die Einbeziehung der Selbstständigen und Beamten wie in Österreich auch in Deutschland einzuführen, lässt sich nicht mehr realisieren. Zu teuer und zu starke Lobby der Beamten. Es wäre sinnvoll, bislang nichtversicherte Selbstständige in eine Versicherungspflicht einzubeziehen.
Die arbeitende Bevölkerung hat sich seit Jahren daran gewöhnt, einen Solidaritätszuschlag zu entrichten, welcher heute keine Gültigkeit mehr hat. Es könnte ein Ansatz sein, dass dieser Soli für die aus der Rentenkasse gestohlenen Gelder der Rentner für versicherungsfremde Leistungen verwendet wird, die eigentlich die Allgemeinheit hätte zahlen müssen. Erinnert sei auch an die Aussage von Wirtschaftswissenschaftlerin Monika Schnitzer. Sie hält die Einbeziehung von Beamten ins Rentensystem für „sinnvoll“, es löse aber nicht das grundlegende Problem, dass künftige Renten und Pensionen von kommenden Beitragszahlern und Steuerzahlern bezahlt werden müssen.
Dieter Schneider
Schleching
Der neuen Sozialministerin Bärbel Bas muss man Hochachtung zollen für den Schneid, mit diesem Vorschlag auch Abgeordnete, Beamte und Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen, an die Öffentlichkeit zu gehen. Das steht seit Jahrzehnten im SPD-Parteiprogramm (Erwerbstätigenversicherung). Dagegen waren ihre Vorgänger duckmäusige Hasenfüße. Es wird Zeit, das mehrklassige Feudalsystem der unterschiedlichen Renten- und Pensionssysteme abzuschaffen, auch wenn angeblich christlich-soziale Parteien dagegen sind. Es lässt schon tief blicken, wenn selbst Frau Schnitzer vom Sachverständigenrat, Herr Fratzscher vom DIW und die Sozialverbände gute Gründe dafür anführen. Es wäre nur gerecht und soldarisch.
Die Komplexität der unterschiedlichen Systeme ist mir bekannt, dies hier zu erläutern wäre zu umfangreich und kompliziert. Nur zwei Beispiele: Abgeordnete haben nach 26 Jahren einen Anspruch von 65 Prozent ihrer Diäten (nach vier Jahren wären das 1060 Euro), Beamte nach 40 Jahren 71,75 Prozent von ihrem letzten Gehalt.
Und: Es herrscht unter Politikern und Medien die Meinung, der Staat zahle einen Beitrag (Bundeszuschuss) zur Rente. Das ist falsch. Renten werden einzig und allein aus den Beiträgen gezahlt. Aus dem Bundeszuschuss werden die versicherungsfremden Leistungen bezahlt – und da zahlt der Staat jährlich rund 40 Milliarden Euro zu wenig. Das heißt, diese 40 Milliarden zahlen alleine die gesetzlich Versicherten für gesamtgesellschaftliche Aufgaben.
Die Schulden des Staates an die Rentenversicherung belaufen sich bis heute auf rund eine Billion Euro. Es wird Zeit für Gerechtigkeit und Solidarität.
Holger Mairoll
Kolbermoor