Zum Bericht „Ein Jawort für Millionen“ (Weltspiegelseite):
Die Hochzeit von Milliardär Jeff Bezos und Lauren Sanchez, die einer Landnahme Venedigs zu gleichen scheint, ist eine perverse Blüte eines Gesellschaftssystems, das nicht zuletzt durch solch arroganten Veranstaltungen sich selbst immer mehr infrage stellt.
Diese ekelhafte, schamlose Selbstinszenierung feiert die unbegrenzte Käuflichkeit einer Welt, in der sich mit Geld vermeintlich alles zur Ware machen lässt. Somit wird die große Hochzeit zum symbolischen Ausdruck der Selbsterhöhung einer kleinen Gesellschaftsschicht, deren wesentliche Grundlage der gesellschaftszerstörende Besitz ungeheurer Kapitalmengen ist.
Die von ihrer eigenen Dekadenz geblendeten Theaterfiguren der Veranstaltung verlieren dabei offensichtlich die Kehrseite ihres Reichtums völlig aus den Augen. Denn für die Hungernden und Armen sowie die sozial Benachteiligten der ganzen Welt ist „Die Hochzeit von Venedig“ eine einzige Verhöhnung ihrer Situation.
Aber auch der Masse von Menschen, die ihren Unterhalt mühsam verdienen muss, fehlt jedes Verständnis für diesen aufgeblasenen Protz und Prunk, der auf offener Bühne inszeniert wird.
Das Problem ist aber nicht die übermäßige Gier Einzelner, wie oft behauptet wird, sondern die tiefere Ursache ist ein Gesellschaftssystem, das auf ständiger Gewinnorientierung beruht, wodurch die Kluft zwischen Arm und Reich sich immer mehr vergrößert.
Eine Gesellschaft der Zukunft braucht aber sozialen Zusammenhalt und gegenseitiges Verständnis. Und sie braucht eine gerechte Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums. Wenn es uns nicht gelingt, uns so zu organisieren, dass wir alle leben können, dann wird letztlich keiner eine Zukunft haben.
Andreas Salomon
Rosenheim