Auf dem falschen Gleis

von Redaktion

Zur Berichterstattung über die Sendung „Jetzt red‘ i“ zum Thema „Brenner-Nordzulauf“ (Regionalteil):

Tilman Schöberl moderiert wiederholt in Rohrdorf eine publikumswirksame Sendung, die tragische Einzelschicksale hervorhebt aber die Sinnlosigkeit des Milliardenprojekts wenig beachtet. Schon vor zweieinhalb Jahren hatten wir ein Vorgespräch vor der Sendung, bei dem rund 60 Menschen links, rechts, vorne und hinten erklärt und begründet haben, warum dieser „Brenner-Nordzulauf“ eines der sinnlosesten Projekte des Jahrhunderts wäre, wenn er denn gebaut würde. Bereits heute könnten täglich weitere 30 Züge im Inntal fahren, welche sämtliche sinnvoll verladbaren Lkw aufnehmen könnten. Warum passiert das nicht? Und wieso sollten dann neue Gleise die Güter plötzlich auf die Schiene bringen?

Dann moderiert Herr Schöberl am Mittwochabend wieder eine Sendung, wo den Schicksalen und dem Neubau viel Raum gegeben wird, ohne den Bogen zu schlagen, dass diese Existenzen völlig sinnlos vernichtet würden. Stattdessen werden Nachbarn aus Österreich eingeladen und am Ende der Sendung „zufällig“ aufgerufen, um uns zu erklären, sie hätten ihre Hausaufgaben gemacht.

Unerwähnt bleibt, dass wir ebenfalls unsere Hausaufgaben gemacht haben: Die Bestandsstrecke wurde schon vor 20 Jahren ertüchtigt, um den zu erwartenden Mehrverkehr aufzunehmen. Bis zu 400 Züge – mehr schafft der Brenner auch nicht. Bleibt die Fahrzeiteinsparung von sieben Minuten von München nach Verona für Züge, in denen niemand drin sitzen wird, wenn die nirgends halten (sagen Studien, welche die Bahn selbst in Auftrag gegeben hat). Das erscheint wenig sinnvoll in Zeiten, wo sich die Bahn bei sechs Minuten Verspätung noch als pünktlich bezeichnet, dies aber kaum zu 50 Prozent schafft. Sollten wir nicht lieber den Bestand sanieren, um erst einmal die ersten sechs Minuten wieder einzusparen?

Freya Hinterbrandner

Rohrdorf

Kein Wunder, dass die Grünen den Brenner-Nordzulauf so vehement befürworten – wenn sie von den (falschen!) Zahlen ausgehen, die Katharina Schulze bei „Jetzt red‘ i“ in den Raum stellte! 400 Züge zusätzlich, das wäre natürlich tatsächlich mehr, als die Bestandsstrecke aufnehmen könnte. Gut, dass der Brennerdialog-Vorsitzende Lothar Thaler, bestens informiert wie immer, die Zahl vor laufender Kamera korrigierte, auf 400 Züge insgesamt – wenn überhaupt. Schade, dass die OVB-Reporterin es versäumt, die Zahlen in ihrer Berichterstattung ebenfalls richtigzustellen! Das entsetzte Raunen, das nach Schulzes Aussage bei „Jetzt red‘ i“ durch die Reihen ging (meines war auch dabei!), galt nicht den zu erwartenden Zugzahlen. Sondern es gab dem Entsetzen vieler besser informierter Zuschauer darüber Ausdruck, welche Unwissenheit Politiker immer wieder beim Thema Nordzulauf an den Tag legen, obwohl sie als „Experten“ vor der Kamera stehen! Bleibt nur zu hoffen, dass sich die Mitglieder des Bundestages für die parlamentarische Befassung im Herbst zu den Fakten besser informieren werden als Frau Schulze!

Wilfrid Mache

Tuntenhausen

In der Sendung „Jetzt red‘ i“ hat der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium Ulrich Lange sehr deutlich gesagt, dass bei der A8 und dem Brenner-Nordzulauf der Ausbau des Bestands klare Priorität hat.

Zur A8 sagte er wörtlich: „Deshalb wird es in den nächsten Jahren neben dem Weiter-Planen in erster Linie darum gehen, den Bestand und vor allem die Brücken zu erneuern und dort, wo wir nicht mal einen Standstreifen als Sicherheitstreifen haben, dort wo wir nicht mal eine Auffahrt mit einem Beschleunigungsstreifen haben, dass wir dort für Verkehrssicherheit sorgen. Das ist der erste Aspekt und dann kommen die anderen Aspekte.“

Und zum Brenner-Nordzulauf: „Der Erhalt der Bestandsstrecke ist das primäre Ziel der nächsten Jahre.“ Damit bewegt sich die neue Bundesregierung genau in die richtige Richtung. Im vorigen Jahrhundert hatte der Verkehr absolute Priorität. In den 1930er-Jahren wurde die Autobahn über den Irschenberg und am Chiemsee entlang ohne Rücksicht auf Natur und Umwelt gebaut. Die Städte wurden autogerecht umgebaut mit enormen Parkflächen, Ringstraßen und Einfahrtschneisen. Aber das vorige Jahrhundert ist vorbei.

In den Innenstädten haben das die Menschen und Politiker schon gemerkt. Da wird der Verkehr reduziert. Straßen werden zurückgebaut. Neue Grünzonen entstehen. Natur und Umwelt haben größere Priorität als der motorisierte Verkehr. Auch bei Autobahnen und Eisenbahnen ist es höchste Zeit zum Umdenken.

In unserem Jahrhundert genügt der maßvolle Bestandsausbau statt gigantischer Projekte, die Umwelt und Natur massiv belasten und Milliarden an Steuergeld verschwenden, die an anderer Stelle dringend gebraucht werden. Die Realisierung der aus der Zeit gefallenen Großprojekte muss verhindert werden.

Professor Dr. Roland Feindor

Rosenheim

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