Zum Bericht „Streit um Reiches Rentenvorstoß“ (Politikteil):
Wie so oft bezieht das OVB Stellung zu einem Thema, das ausführlicher Recherche bedurft hätte. Bauchgefühle oder politische Präferenzen sollte man außen vor lassen. Dabei reichen die Grundrechenarten völlig aus, höhere Mathematik ist nicht vonnöten.
Maßgebend für die Argumentation ist die jährliche US-Arbeitszeit von 1800 Stunden gegen 1340 Stunden in Deutschland. Ein Rechenbeispiel: In Deutschland geht man im Schnitt von 230 Arbeitstagen im Jahr aus. Multipliziert mit acht Stunden täglich sind das 1830 Arbeitsstunden. Damit liegen wir mit den USA gleichauf. Nicht berücksichtigt sind die 220 Millionen jährlichen Überstunden, die zu 25 Prozent unbezahlt geleistet wurden. Ebenfalls unberücksichtigt ist die große Zahl von Teilzeitstellen: Allein im Jahr 2024 wurden 2,5 Millionen von Arbeitgeberseite zusätzlich angeboten, der Teilzeitarbeitsmarkt beträgt immerhin zehn Millionen Stellen.
Diese Arbeitsverhältnisse gibt es im US-Recht nicht, sie werden demnach auch nicht gelistet. In Deutschland drückt diese Zahl die statistische Arbeitsdauer erheblich nach unten. Es wird klar, dass man die beiden Zahlen nicht vergleichen kann. Trotzdem wird mit ihnen fälschlicherweise und irreführend argumentiert.
Statt die Arbeitszeitmodelle anzupassen, ist es natürlich viel leichter, einen oberflächlichen Rundumschlag auszuführen. Etwas mehr Augenmaß und Seriosität seitens der politischen Ebene wäre angebracht und dringend notwendig.
Wolfram Eichelberger
Bruckmühl
Das Renteneintrittsalter von 65 Jahren stammt aus dem Jahr 1916. Damals gingen Menschen in Rente, die 1851 geboren worden waren. Unter den Männern erreichten damals nur 40 Prozent dieses Alter, und sie lebten dann durchschnittlich noch weitere zehn Jahre. Vom Jahrgang 1955 dagegen haben fast 80 Prozent ihren 65. Geburtstag erlebt, und sie durften an ihrem 65. Geburtstag im Durchschnitt noch weitere 20 Jahre erwarten. Es leben heute also doppelt so viele doppelt so lange. Das lässt eine angespanntere Lage der Rentenkasse erwarten. Und um die Konsequenzen drehen sich jetzt die Diskussionen: Rentenabgaben erhöhen? Renten senken? Oder die Altersgrenze zwischen Rentenzahlern und Rentenempfänger verschieben?
Johannes Schroeter
Großkarolinenfeld