Pflichtjahr für Frauen und Männer

von Redaktion

Zum Bericht „Einer von 15 jungen Männern soll zum Bund“ (Politikteil):

Bei der Debatte um die allgemeine Wehrpflicht wird ein Gedanke bisher nicht angesprochen. Denn die Möglichkeiten, alle Männer eines Jahrgangs zu mustern, um sie dann anschließend zur Wehrpflicht einzuziehen, ist ein Aspekt der sozialen Durchmischung. Ein Gedanke, der durchaus positiv genannt werden kann.

Hier werden dann alle sozialen Schichten in Kasernen in Stuben mit acht Männern in Stockbetten untergebracht. Sie sind dann alle gleich für die Ordnung und Sauberkeit verantwortlich. Bei der Ausbildung im Gelände laufen alle gleich über die Wiese, über die der Schäfer gestern mit seinen 728 Schafen gezogen ist. Beim Orientierungsmarsch mit Sturmgepäck, Stahlhelm und Waffe können um 3.30 Uhr in der Nacht dann alle gleich lauthals fluchen. Über allem steht die Überschrift „Disziplin und Ordnung“. In der heutigen Zeit driften die sozialen Kreise immer weiter auseinander und haben nur noch wenige Berührungspunkte.

Franz Smeets

Feldkirchen-Westerham

Was soll das Herumgeeiere um die Wehrpflicht? Ich, Jahrgang 1947, wurde im April 1967 sofort nach meiner Berufsausbildung zum 18-monatigen Wehrdienst nach Bad Reichenhall eingezogen. Das Zulassungsverfahren als „Wehrdienstverweigerer aus Gewissenfragen“ war mir zu schwierig.

Bei den Gebirgsjägern in Bad Reichenhall entschied ich mich aber für den Sanitätsdienst. Diese Ausbildung erschien mir am geeignetsten für das spätere Leben. Und ich muss sagen, ich habe zu keiner Zeit so viel für mein späteres Leben gelernt.

Wo hat man die Möglichkeit, sich mit Gleichaltrigen aus dem ganzen Bundesgebiet auch in schwierigen Verhältnissen bewähren zu können? Durch meine Schreibmaschinenkenntnisse stieg ich nach der Vollausbildung schnell zum Truppenarztschreiber auf – vergleichbar mit einer Sprechstundenhilfe. Und ja, ich habe dem Feind ins Auge geblickt. Einen Monat vor meiner Entlassung drangen am 21. August 1968 die Sowjets in die Tschechoslowakei ein und rückten bis zur bundesdeutschen Grenze vor.

Die Gebirgsjäger aus Bad Reichenhall wurden nach Regen im Bayerischen Wald an die Grenze verlegt. Wir waren an der einen Seite eines kleinen Tales, auf der jenseitigen tschechischen Seite standen die russischen Panzer. Jede Nacht um 2 Uhr wurden die Motoren hochgefahren, was bei uns sofortige Alarmbereitschaft hieß. Zwei Tage vor meinem endgültigen Dienstende wurden wir angehenden Reservisten dann nach Bad Reichenhall gekarrt. Am letzten Tag verließen wir die Kaserne.

Warum ist die Wehrpflicht heutigen Jugendlichen nicht zuzumuten? Sogar Bundespräsident Walter Steinmeier hat sich für eine Pflichtzeit für alle Männer und Frauen in der Bundeswehr oder im sozialen Dienst ausgesprochen. Das angedachte Losverfahren ist die größte Ungerechtigkeit.

Richard Hellmeier

Schnaitsee

Artikel 9 von 11