Viele Beteiligte sollten sich in Zurückhaltung üben

von Redaktion

Zum Bericht „Freispruch im Fall Hanna“ (Regionalseiten):

Sebastian ist freigesprochen worden. Ein Urteil, das sich im Verlauf des aktuellen Prozesses freilich schon länger abzeichnete. Für die Familie von Hanna, der natürlich unser aller Mitgefühl gebührt, konnte die Frage nach den konkreten Todesumständen in diesem Gerichtsverfahren in der Tat nicht beantwortet werden.

Das Urteil ist dennoch rechtsstaatlich richtig und gerecht. Ein Rechtsstaat ist zuvorderst ein Staat, der seine eigenen Gesetze befolgt. Zum Rechtsstaatsprinzip gehört gemeinhin auch die Unschuldsvermutung. Vor Gericht muss niemand seine Unschuld beweisen, sondern der Staat die Schuld der Beschuldigten.

Dieser Prozess zeigt auf mehrfache Weise, dass es sich bei diesem Grundsatz um mehr als eine bloße juristische Marotte handelt. Wagt man dieser Tage einen Blick in die diversen Kommentarspalten im Internet zu dem Fall, kann man sich einen guten Eindruck davon verschaffen, was Vorverurteilungen anrichten können. Stichwort: „Irgendetwas bleibt ja immer hängen.“

Zu den anhaltenden Vorverurteilungen hat zweifellos auch die Berichterstattung vor, während und nach dem ersten Prozess zumindest beigetragen. Selbst als überregionale Medien bereits begründete Zweifel an der erstinstanzlichen Verurteilung anmeldeten, störten sich die OVB-Heimatzeitungen vor allem an der angeblich mangelnden Ausgewogenheit der recherchierten Beiträge.

Das entbehrt meines Erachtens nicht einer gewissen Ironie. Konnte man hier doch zuweilen den Eindruck gewinnen, die „arme“ Richterin Aßbichler leide allzu unverhältnismäßig an Sebastians lästiger Verteidigung. Im Nachhinein sind wir wohl alle klüger.

Es bleibt zu hoffen, dass wir auch als Gesellschaft aus diesem Fall lernen, uns künftig öfter einmal in Zurückhaltung zu üben.

Stefan Huber

Rott

Jedes Mal, wenn ich „Mordfall Hanna“ lese, tut mir das Herz weh. Die armen, armen Eltern! Ich persönlich glaube nicht an die jetzt proklamierte Unschuld des Angeklagten, sondern dass in dem Fall der berufliche Ehrgeiz einer Richterin alle Menschlichkeit überlagert hat.

Zählt der „Schrei, wie aus Todesangst“ gar nichts, den eine Zeugin berichtet hat? Und so gibt es noch einiges, was sehr zu Ungunsten des jetzt Freigesprochenen ausschlagen könnte. Aber bitte, das sind müßige Betrachtungen. Für mich bleibt: Arme, arme Eltern. Auch arme „gerechte“ Justiz. Wie weit bleibst du hinter Menschlichkeit zurück.

Gabi Leitner

Rosenheim

„Kampf um die Rechte des Beschuldigten im Widerstreit mit den Organen des Staates, die dem Auftrag zur Verfolgung von Straftaten zu genügen haben“. So lautet das viel zitierte Zitat einer wahren Institution in der Riege der deutschen Strafverteidiger. Dabei geht es nicht darum, für seinen Mandanten einen Freispruch zu erreichen, sondern jedem ein faires Verfahren zu garantieren. Leider ziehen es heutige Strafverteidiger oftmals vor, ihren Mandanten stattdessen an die Hand zu nehmen und zu einem Geständnis zu begleiten. Und dies am besten über ein „Rechtsgespräch“ („Deal“). Dies umso lieber, wenn der Fall Gelegenheit gibt, sich eitel in den Medien zu sonnen. Dabei haben gerade auch die Medien und nicht nur Bild-Zeitung („Der Hanna-Killer) dabei eine zweifelhafte Rolle gespielt.

Konstantin Kalaitzis

Bernau

Artikel 8 von 11