Verständnis für Ausweglosigkeiten des Lebens

von Redaktion

Zum Leserbrief „Denn Du sollst nicht töten“ (Leserbriefseiten):

Die Autorin des Leserbriefes schreibt, dass das Leid im Leben gegenwärtig und nicht sinnlos ist. Man erkenne dies, wenn man auf das Kreuz Christi blickte. Dieser Blick helfe, zu ertragen was unvermeidlich ist. Sie nimmt die Berichterstattung über die begleitete Selbsttötung zweier Frauen zum Anlass, um darauf hinzuweisen, dass das gegen das gegebene fünfte Gebot verstoßen würde.

Es erscheint mir anmaßend, hier über einen solch privaten und intimen, zutiefst schmerzvollen Schritt zu richten. Vielmehr sollte unsere Gesellschaft, also wir alle, verzweifelten und leidenden Menschen helfen, wirklich helfen.

„Jedes Leben ist lebenswert“. Eine Aussage, die wir oft und immer wieder hören. Wenn es aber passiert, wenn das Leben hart, leidvoll und nicht nachvollziehbar ist, dann steht der Finanzaspekt über allem.

Echt jetzt? Ein Blick, mit wahrem Glauben, auf unseren leidenden Heiland und Aussichtslosigkeit oder Schmerz verwandeln sich in Linderung und hoffnungsvolle Liebe. Wer eine solche Gnade nicht empfangen kann, der ist dann ja wohl selbst schuld.

Das kommt bei solchen Patienten an. Man kann dies als Verhöhnung oder als gut gemeinte Ratschläge, die so weh tun können, verstehen. „Es ist halt so. Du musst durchhalten und ertragen, damit ich mich in meinem Glauben bestätigt fühlen kann.“

Ich glaube, mit dieser Doktrin lassen wir Menschlichkeit genau dort nicht zu, wo sie wirklich helfen könnte. Verständnis für Ausweglosigkeit und ehrliche Trauer darüber, dass die Hilfe, die wir bieten konnten und wollten, nicht gereicht hat – das wäre doch die Menschlichkeit, die uns aufgetragen wurde. Hilfe, wenn sie möglich und so lange sie möglich ist! Und vor allem gehen lassen, ohne Vorwurf und Tadel, wenn die Kraft zu Ende ist.

Siegfried Maier

Haag

Wir sind nicht auf dieser Welt, um zu entscheiden, wer wie wann aus dieser Welt scheidet. Kritik ist unangebracht, denn es geht genau genommen niemanden etwas an. Ich bin mehr als überrascht, wie viele unserer Mitbürger schnell dabei sind, die Bibel und ihre Gebote zu zitieren. Ich kenne sie auch, aber ich würde mir nicht die Freiheit nehmen, andere damit zu belehren.

Eine derart schwierige Entscheidung muss jeder für sich treffen, genau wie die Kessler-Zwillinge es getan haben. Und es war auch keine Unterhaltungsshow. Warum alles so aufgebauscht wurde, ist mir ein Rätsel. Das wollten die beiden bestimmt nicht.

Es kann jeder in seinem Glauben und Geboten leben, ohne andere zu belehren. Der Besuch auf einer Krebstation könnte manches verständlicher machen. Ich hoffe und wünsche diesen „Christen“, wenn ihre Zeit einmal kommen sollte, dass sie die Gebrechen ohne Verbitterung tragen können, die liebevolle Beziehung zum Himmlischen wird dann hoffentlich genug sein.

Karin Reynolds

Kolbermoor

Artikel 5 von 11