Auf Wild sollte – vor allem in der späten Morgen- und frühen Abenddämmerung – geachtet werden: Alle zwei Minuten kracht ein Kraftfahrzeug mit einem Reh, Wildschwein, Fuchs oder einem anderen wilden Tier zusammen, so der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Passiert ein Wildunfall, so muss die Polizei verständigt werden. Sie informiert den Revierinhaber, der sich um das verletzte oder getötete Tier kümmert und die Unfallbescheinigung für die Schadenregulierung mit der Kaskoversicherung ausstellt. Wichtig: Der Unfall hat keinen Einfluss auf den Schadenfreiheitsrabatt. Und Achtung: Getötetes Wild mitzunehmen, ist als Wilderei strafbar. Hier eine Auswahl von zahlreichen Wildgeschichten, die vor Richtern ausgebreitet wurden:
Kosten für die Straßenreinigung
Das Verwaltungsgericht Hannover hat entschieden, dass ein Autofahrer nicht für die Bergung und Entsorgung eines bei einem Wildunfall getöteten Tieres bezahlen muss. Die Landesstraßenbaubehörde habe nicht das Recht, die von den Jägern, die sich um das überfahrene Tier kümmern, ausgestellten Rechnungen – plus Bearbeitungsaufschlag – an die Autofahrer weiterzugeben. Die Begründung jedoch, dass die Autofahrer die Straße verunreinigt hätten und deswegen zur Kasse gebeten werden dürften, zog nicht. Das Gericht: „Jedenfalls hat eine unverzügliche Reinigungspflicht der jeweiligen Fahrzeugführer nicht bestanden, weil das verendete Wild noch eine Sache des Jagdrechts darstellt, die sich der Jagdausübungsberechtigte des Bundesjagdgesetzes aneignen darf.“ In einem Kostenbescheid ging es um fast 400 Euro für ein überfahrenes Reh (VwG Hannover, 7 A 5245/16 u. a.).
Unfallmeldung: Was ist „unverzüglich“?
Da sind die Versicherungen sehr pingelig: Meldet eine Versicherte ihrer Teilkaskoversicherung einen Schadenfall erst nach zwei Tagen, so kann diese die geforderte Ersatzleistung verweigern, weil dies nicht mehr „unverzüglich“ geschehen war.
In dem vom Amtsgericht Kaiserslautern entschiedenen Fall ging die Angelegenheit für die Frau aber noch einmal gut aus: Zum einen hatte sie sich am Tag nach dem Zusammenstoß mit einem Wildschwein bereits per Telefon mit ihrer Versicherung in Verbindung gesetzt. Zum anderen sprachen andere Tatsachen dafür, dass der Unfall tatsächlich passiert war. Ihr Schaden in Höhe von mehr als 4000 Euro wurde ersetzt (Amtsgericht Kaiserslautern, 4 C 575/13).
Kontrolliertes Ausweichen
Die Gefahr eines Wildwechsels stellt für jeden Kraftfahrer auch auf einer Autobahn ein Risiko dar, „das er bei seiner Fahrweise berücksichtigen muss“. Steht fest, dass ein Autofahrer beim Auftauchen eines Rehs „eine kontrollierte Ausweichbewegung eingeleitet hat“, weswegen er mit einem anderen Kfz zusammenstieß, so trifft ihn an dem Crash ein Verschulden in Höhe von 80 Prozent. Er hätte, so das Landgericht Freiburg, „eine Handlungsalternative“ gehabt, „nämlich anstelle der Ausweichbewegung frontal auf das Reh zuzufahren, das Lenkrad gut festzuhalten und eine Vollbremsung einzuleiten“. Bei einem Reh der hier vorhandenen Größe sei es nach Ansicht des Sachverständigen äußerst unwahrscheinlich gewesen, dass nach einer Vollbremsung die Fahrzeuginsassen verletzt worden wären (LG Freiburg, 8 O 202/09).
Reflexhaftes Ausweichen
Ein Autofahrer, der mit seinem Pkw einem über die Fahrbahn laufenden Fuchs ausweicht, handelt nicht grundsätzlich grob fahrlässig – mit der Folge, dass seine Vollkaskoversicherung einen daraus resultierenden Schaden nicht ersetzen müsste.
Hier ging es um einen Kaskoschaden an einem Mietauto, den der Kunde dem Autovermieter in Höhe des Selbstbehalts von 550 Euro ersetzen sollte. Er hatte um 4 Uhr morgens beim Ausweichen „aufgrund eines Wildwechsels – vermutlich handelte es sich um einen Fuchs“ – die Leitplanke touchiert, was einen Schaden von 8900 Euro verursachte. Der Bundesgerichtshof bestätigte die Würdigung der Vorinstanz, des Oberlandesgerichts Karlsruhe, dass der Mann bei seinem reflexartigen Ausweichmanöver bei einer Geschwindigkeit von 120 km/h nicht grob fahrlässig gehandelt habe (Bundesgerichtshof XII ZR 197/05).
Zahlung auch bei totem Wildschwein
Sehen die Bedingungen einer Teilkaskoversicherung vor, dass Versicherungsschutz besteht, wenn es zu einem „Zusammenstoß des in Bewegung befindlichen Fahrzeugs mit einem Haarwild“ gekommen ist, so gilt dies nicht nur dann, wenn ein solches Tier „selbstständig über die Straße läuft und der Fahrer hierdurch überrascht wird“. Auch ein tot auf der Fahrbahn liegendes Tier, das angefahren wird (wodurch sich hier der Airbag auslöste, was Reparaturkosten in Höhe von 970 Euro zur Folge hatte) kann Auslöser des Versicherungsfalles sein. Der Versicherer hatte hier argumentiert, das tote Wildschwein sei als ein Hindernis wie jedes andere anzusehen – und hätte entsprechend umfahren werden müssen. Das Landgericht Stuttgart folgte dem nicht (LG Stuttgart, 5 S 244/06).