Alle Jahre wieder kommt in vielen Familien ein Karpfen zu Weihnachten oder zum Jahreswechsel auf den Tisch. Der Fisch ist hierzulande an den Feiertagen besonders beliebt: Ein Großteil des gesamten Jahresabsatzes geht zwischen Weihnachten und Neujahr über die Theke, hat das Marktforschungsinstitut Gfk vor einigen Jahren ermittelt. Wie der Festtagsfisch zur Tradition wurde, wie man Karpfen am besten zubereitet, und warum er angeblich Glück bringt, klären wir.
Fastenmahl
Die Tradition vom Festtagsfisch entstand, als die christliche Lehre die Adventszeit zur Fastenzeit erklärte. Die gesamte Adventszeit galt seit dem 7. Jahrhundert – ähnlich wie die Tage vor Ostern – als Zeit des Fastens, der Stille und des Verzichts. Völlerei war da verpönt. An Heiligabend kam stattdessen ein typisches Fastengericht wie Karpfen, Herings- oder Kartoffelsalat auf den Teller. Der Weihnachtskarpfen hat sich bis heute gehalten – genauso wie der Kartoffelsalat, der in einigen Familien immer noch an Weihnachten auf den Tisch kommt.
Aufzucht
Der Karpfen ist ein Süßwasserfisch. Er wird meist etwa 35 Zentimeter lang und erreicht dann ein Gewicht von ein bis zwei Kilo. Ursprünglich stammt der Karpfen aus Asien und wurde von den Römern in Europa eingeführt. Die Fische sind Allesfresser und ernähren sich sowohl von Pflanzen und Algen als auch von Bodentieren im Gewässer. Da sie relativ anspruchslos sind, gedeihen Karpfen auch in Wasser mit wenig Sauerstoff. Sie eignen sich daher gut für die Zucht in flachen Teichen. In vielen Ländern Europas werden Karpfen gezüchtet. Auch in Deutschland wird der Karpfen seit Jahrhunderten in Teichen aufgezogen und abgefischt – vor allem in Franken, Sachsen und Brandenburg gezüchtet. Mit 4,8 Gramm Fett pro 100 Gramm Fischfleisch ist der Karpfen ein mittelfetter Fisch. Laut Greenpeace ist der Karpfen derzeit der einzige Fisch, den man bedenkenlos kaufen und essen kann (siehe unten).
Glücksbringer
Der Karpfen gilt als Glücksbringer. Dem Aberglaube nach, soll die Schuppe eines Weihnachts- oder Neujahrskarpfens im Portemonnaie Glück und Wohlstand für das kommende Jahr garantieren. In manchen Gegenden ist es auch üblich, die Gräten des Weihnachtskarpfens im Garten unter einem Baum zu vergraben, um im nächsten Herbst eine gute Ernte einzufahren.
Lebendige Fische
Auf der Festtafel landet vorzugsweise der Spiegelkarpfen: Er zeichnet sich durch wenige glänzende Schuppen aus, die unregelmäßig verteilt sind. Mehr Arbeit bei der Zubereitung macht der etwas kleinere Schuppenkarpfen, dessen Körper völlig mit Schuppen bedeckt ist.
Die Zeiten, in denen der Karpfen lebend nach Hause gebracht wurde und dort noch drei Tage in der Badewanne schwimmen musste, sind vorbei. Früher wurde das so gemacht, um den typischen Schlammgeruch und -geschmack zu vertreiben. Denn der Karpfen nimmt beim Gründeln im Teich mit Plankton und Kleintieren auch einigen Schlamm auf. Heute setzen die Teichwirte die Tiere vor dem Verkauf in klares Wasser um.
Frischer Fisch
Im Handel sind oft geschlachtete ganze Karpfen erhältlich. Sie haben meist ein Gewicht von 1,5 bis zwei Kilogramm. Beim Kauf kann man den Händler bitten, den Fisch auszunehmen. Bereits geschlachteter Fisch sollte nicht länger als einen Tag in der Vitrine liegen. Frischer Fisch ist zunächst am Geruch erkennbar. Die Augen sollten klar, prall und leicht gewölbt, jedoch keinesfalls trübe oder milchig sein. Auch dunkelrote, elastische Kiemen und eine metallisch glänzende Haut mit fest sitzenden Schuppen sind gute Erkennungsmerkmale für Frischfisch. Am besten schmeckt Karpfen an dem Tag, an dem er geschlachtet wurde. Zur Not kann frischer, roher Fisch im Kühlschrank einen Tag lang in einem fest geschlossenen Gefäß aufbewahrt werden.
Gebacken oder blau
In Fett gebacken, mit Gemüse gefüllt oder einfach nur blau? Für den Karpfen gibt es vielerlei Rezepte. Beliebt sind zu Weihnachten die Varianten „blau“ und „gebacken“.
-„Karpfen blau“: Die entscheidende Zutat ist dabei Essig: Die Haut des Karpfens enthält nämlich einen Farbstoff, der sich durch Essig beim Kochen appetitlich blau färbt. Dafür wird der Karpfen unter fließendem Wasser abgewaschen und trocken getupft. Damit die Haut unverletzt bleibt, wird sie nicht geschuppt. Dann wird der Fisch mit einem heißen Sud aus Essig und Wasser übergossen. Im Sud dürfen neben einem Schuss Essig auch Weißwein, eine mit Lorbeer und Nelken bestückte Zwiebel, klein geschnittene Möhren, gehackter Lauch und Pfefferkörner nicht fehlen. Wichtig dabei: Der Fisch darf im Sud nicht kochen, sondern nur ziehen. Serviert wird „Karpfen blau“ meist mit Salzkartoffeln, Zitronenspalten und Meerrettichsoße.
-Karpfen gebacken: Wem der intensive Karpfengeschmack zu viel ist, greift zur gebackenen Variante: Dazu wird der Fisch zunächst geschuppt und halbiert. Dann kommt der mühsamste Teil der Zubereitung: Die widerspenstigen, V-förmigen Gräten müssen entfernt werden. Die Portionen werden mit Zitronensaft beträufelt, mit Salz und Pfeffer gewürzt, paniert und in heißer Butter oder in Butterschmalz ausgebacken. Die klassischen Beilagen sind Kartoffel- oder Endiviensalat, Apfel und Meerrettich.
Der Rest vom Fest
Die Teller sind leer, alle sind satt. Doch in den Töpfen finden sich noch Reste vom Festessen. Karpfen, der nicht aufgegessen wurde, kann, auch wenn er bereits gebraten wurde, problemlos eingefroren werden. Oder man nimmt das Fleisch von den Gräten und verarbeitet es zu einem Fischsalat. Dafür mischt man zum Beispiel etwas Crème fraîche mit pikantem Gewürz wie Curry, hebt diese Mischung vorsichtig unter den Fisch und beträufelt sie mit etwas Zitronen- oder Limettensaft. mit Material von dpa