Gesetzliche Krankenversicherung

Kassenwechsel spart hunderte Euro

von Redaktion

Von Sebastian Hölzle

Fünf von insgesamt 54 in Bayern zugänglichen gesetzlichen Krankenkassen haben zum Jahreswechsel ihre Tarife gesenkt, drei Kassen haben ihre Beiträge erhöht. Das geht aus einer Auswertung unserer Zeitung auf Basis von Daten des GKV-Spitzenverbandes und der Stiftung Warentest hervor (siehe Tabelle).

Die Stiftung Warentest hat aktuell knapp hundert Krankenkassen in Deutschland untersucht. Fazit: „Wer beispielsweise monatlich 3000 Euro brutto verdient, kann mit einem Wechsel von der teuersten bundesweit geöffneten Kasse zur günstigsten monatlich etwa 33 Euro sparen“, erklären die Tester. „Pro Jahr sind das rund 400 Euro Ersparnis.“

Wo der Beitrag sinkt

Mitglieder von fünf Krankenkassen werden in Bayern auch ohne einen Kassenwechsel entlastet. Günstiger ist es für Mitglieder der BKK Akzo Nobel Bayern, der BKK VerbundPlus, der R+V Betriebskrankenkasse und der Techniker Krankenkasse geworden. Die Kassen haben ihren Zusatzbeitrag jeweils um 0,1 Prozentpunkte gesenkt. Die Bertelsmann BKK hat ihren Tarif um 0,08 Prozentpunkte gemindert.

Wer mehr bezahlt

Teurer wird es im Freistaat für Versicherte der BKK Technoform. Ihr Zusatzbeitrag ist um 0,6 Prozentpunkte gestiegen. Damit müssen künftig 15,9 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens an die Krankenkasse abgeführt werden. Genauso viel zahlen Mitglieder der BKK Verkehrsbau Union, nachdem die Kasse ihren Zusatzbeitrag um 0,4 Prozentpunkte erhöht hat. Der Tarif der BKK ZF & Partner ist um 0,25 Prozentpunkte auf 14,6 Prozent gestiegen.

Arbeitgeberanteil

Der Gesetzgeber hat es den Versicherte nicht gerade einfach gemacht, die Zusammensetzung des Krankenkassenbeitrags auf den ersten Blick zu durchschauen: Der Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung setzt sich zusammen aus einem allgemeinen Beitragssatz und einem Zusatzbeitrag, den die Kassen individuell festsetzen können. Beispiel AOK Bayern: Der gesetzlich festgeschriebene allgemeine Beitragssatz beträgt – wie bei allen anderen Kassen in Deutschland – 14,6 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens. Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen sich diesen Mindestbeitrag je zur Hälfte auf. Der von den Kassen festgelegte Zusatzbeitrag tragen ausschließlich die Arbeitnehmer. Da die AOK Bayern, die größte Krankenkasse im Freistaat, ihren Zusatzbeitrag mit 1,1 Prozent unverändert gelassen hat, bleibt der Beitrag auch 2018 bei insgesamt 15,7 Prozent.

Kündigungsrecht

So kompliziert das klingen mag, etwas hat der Gesetzgeber den Kassen-Mitgliedern in den vergangenen Jahren erleichtert: den Wechsel zu einer anderen Kasse. „Gesetzlich Versicherte können ihre Krankenkasse schnell und ohne großen bürokratischen Aufwand wechseln“, heißt es bei den Verbraucherzentralen. Der Wechsel dauere zwischen zwei und drei Monaten. Die gewählte Krankenkasse dürfte gesetzlich Versicherte nicht aufgrund von Alter, Geschlecht oder Gesundheitszustand ablehnen. An die neue Kasse ist man 18 Monate gebunden. Davon gibt es aber eine Ausnahme: Erhöhen sich die Beiträge – wie aktuell bei einigen Kassen geschehen – haben Versicherte ein Sonderkündigungsrecht.

Leistungen prüfen

Wer sich dazu entschließt, die Krankenkasse zu wechseln, sollte allerdings nicht nur auf die Höhe des Zusatzbeitrages achten. Auch Zusatzleistungen sollten eine Rolle spielen. „Oft lässt sich sparen, wenn die Kasse benötigte Extraleistungen übernimmt – zum Beispiel eine ärztlich verordnete Osteopathie oder einen Zuschuss für eine professionelle Zahnreinigung“, betonen die Experten der Stiftung Warentest. Auch zahlten einige Kassen beispielsweise Kinderwunschbehandlungen (künstliche Befruchtung). Gerade für Familien lohnt sich ein Blick in den Leistungskatalog der über 50 verschiedenen Kassen im Freistaat.

Kriterien für Familien

Die Experten der Stiftung Warentest weisen darauf hin, dass für Familien mit Kindern bestimmte Kriterien bei einem Kassenwechsel interessant sein können, sobald die Kasse folgende Zusatzleistungen bietet:

-Medizinische Hotline rund um die Uhr

-Haushaltshilfe für Eltern bei schwerer Erkrankung

-Ambulante homöopathische oder anthroposophische Behandlung

-Verordnete, nicht verschreibungspflichtige alternative Arzneimittel

-Kindervorsorge und Jugendvorsorge

-Geldbonus für gesundheitsbewusstes Verhalten

-Erinnerungsservice für Kinderfrüherkennungsuntersuchungen

-Hautkrebsfrüherkennung bereits für unter 35-Jährige

Kriterien für Senioren

Auch Senioren und chronisch Kranke sollten bei der Wahl ihrer Krankenkasse nach verschiedenen Kriterien Ausschau halten, zeigt der Vergleich der Stiftung Warentest:

-Zahl der Geschäftsstellen der Krankenkasse

-Beratung zu Hause

-Medizinische Hotline rund um die Uhr

-Vermittlung von Facharztterminen

-Ärztliche Zweitmeinung

-Häusliche Krankenpflege

-Haushaltshilfe bei schwerer Erkrankung auch ohne Kind

-Unterstützung bei der Wahl eines Krankenhauses

Versorgungspflicht

Trotz der großen Unterschiede – die meisten Leistungen sind bei allen Kassen gleich. „Die gesetzlichen Krankenkassen sind verpflichtet, eine medizinisch notwendige und sinnvolle Versorgung der Versicherten zu gewährleisten“, betonen die Test-Experten. Da dies für alle Kassen gleichermaßen gelte, seien rund 95 Prozent der medizinischen Leistungen bei allen Kassen gleich.

Eine große Datenbank

hat die Stiftung Warentest kostenpflichtig im Internet bereit gestellt. Unter www.test.de/krankenkassen lassen sich Zusatzbeiträge und Leistungen fast aller Krankenkassen in Deutschland vergleichen. Der Service kostet 3,50 Euro. Der Versicherungsvermittler Check24 bietet auf seinem Portal ebenfalls Vergleichsmöglichkeiten – und zwar kostenlos. Der Haken dabei: Check24 vergleicht lediglich 61 gesetzliche Krankenkassen – die Stiftung Warentest dagegen 96.

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