Recht

Wenn Kinder Pflegeeltern brauchen

von Redaktion

Von Annette Jäger

Es gibt viele Gründe, warum manche Kinder für einige Zeit oder dauerhaft nicht bei ihren leiblichen Eltern leben können. Ursache können Überforderung sein, schwere Krankheit, Suchtmittelabhängigkeit, der Tod eines Elternteils, aber auch eine geistige oder psychische Behinderung von Mutter oder Vater, sexuelle Übergriffe oder eine Inhaftierung eines Elternteils. Der Umzug in eine Pflegefamilie kommt in Frage, wenn die leiblichen Eltern ihr Kind nicht mehr selbst erziehen und versorgen können, oder wenn es vernachlässigt, misshandelt oder missbraucht wird. Muss das Jugendamt den Eltern das Sorgerecht entziehen, was in etwa 40 Prozent der Fälle geschieht, müssen die Kinder in ein Heim umziehen oder – was sich normalerweise als vorteilhafter für die Kinder erweist – sie kommen in eine Pflegefamilie.

Bedarf

„Paare, Großeltern, Alleinstehende, Familien – jeder könnte ein Pflegekind aufnehmen“, sagt Carmen Thiele vom Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien. Im Jahr 2016 lag die Zahl der Kinder, die nicht mehr bei ihren leiblichen Eltern bleiben konnten, bei 236 000. Zum Vergleich: Im Jahr 2010 waren es noch 173 000. Die steigende Zahl ist auch auf die Zunahme der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge zurückzuführen, die inzwischen in Deutschland leben. Die meisten Kinder sind in Heimen, nur für etwa 37 Prozent findet sich eine Pflegefamilie. Wer ein Kind aufnehmen möchte, stellt einen Antrag beim Jugendamt.

Rechtliche Stellung

Manchmal leben Kinder dauerhaft in einer Pflegefamilie, manchmal auch nur befristet. „In etwa 60 Prozent der Fälle bleibt das Sorgerecht bei den leiblichen Eltern“, sagt Thiele. Die Pflegeeltern übernehmen dann nur die Alltagssorge. Dazu gehören tägliche Entscheidungen, die etwa den Schulbesuch betreffen, einen Arztbesuch oder die Freizeitgestaltung. Geht es um Fragen, die den weiteren Lebensweg des Kindes beeinflussen, entscheiden die leiblichen Eltern.

Pflegegeld

Das Pflegekinderwesen ist in Deutschland nicht einheitlich geregelt. Jedes Jugendamt verfolgt eigene Richtlinien. So variiert auch das Pflegegeld, das Eltern erhalten. Der Zuschuss liegt laut Empfehlung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge je nach Alter des Kindes bei maximal 920 Euro pro Monat. „Das Kindergeld erhalten Pflegeeltern zusätzlich, wenn das Kind dauerhaft bei ihnen lebt und der Kontakt zur leiblichen Familie nur sporadisch ist“, sagt Thiele. Der Betrag wird teilweise auf das Pflegegeld angerechnet. Liegt das Sorgerecht weiter bei den leiblichen Eltern, bleibt das Kind auch meist bei ihnen krankenversichert. Hat die Pflegefamilie das Sorgerecht, wird das Kind über die Pflegefamilie Mitglied der gesetzlichen Krankenkasse.

Zuschuss

Pflegeeltern steht ein Zuschuss zu einer Unfallversicherung und einer privaten Altersvorsorge zu. Laut Empfehlung des Deutschen Vereins sollten es rund 160 Euro im Jahr pro Pflegeperson für eine Unfallversicherung und rund 43 Euro im Monat pro Pflegekind für einen Altersvorsorgevertrag sein. „Nicht alle Jugendämter halten sich daran“, sagt Axel Neb, der sich als Versicherungsmakler auf Pflegefamilien spezialisiert hat. Eltern müssen auch mit niedrigeren Zuschüssen rechnen.

Versicherungsschutz

Pflegefamilien sollten das Pflegekind in ihre private Haftpflichtversicherung aufnehmen lassen. So sind Ansprüche Dritter auch gegenüber dem Pflegekind gedeckt. „Damit Haftpflichtansprüche der Pflegekinder gegenüber den Pflegeeltern und umgekehrt gedeckt sind, sollten Pflegefamilien unbedingt eine Zusatzhaftpflicht vereinbaren, die das Innenverhältnis versichert“, sagt Neb. Stößt das zehnjährige Pflegekind eine Vase der Pflegefamilie herunter, so wäre dieser Schaden gedeckt. Neb rät zudem zu einer Rechtsschutzversicherung, die speziell auf Pflegefamilien zugeschnitten ist. Sie deckt die Kosten, falls es zu Rechtsstreitigkeiten mit Behörden oder der leiblichen Familie des Kindes kommt.

Flüchtlinge

Pflegefamilien können sich auch als sogenannte Gastfamilien engagieren und ein unbegleitetes, minderjähriges Flüchtlingskind bei sich als Pflegekind aufnehmen. Die meisten dieser Jugendlichen sind zwischen 14 und 18 Jahre alt – manche auch jünger. Sie sind in der Mehrzahl in Heimen oder anderen betreuten Wohnformen untergebracht. Eine Unterbringung in einer Familie kann einen positiven Beitrag zu einer gelungenen Integration leisten. Oft ist hier mehr individuelle Förderung möglich. Wer sich entscheidet, ein Flüchtlingskind aufzunehmen, wird zur Gastfamilie. Der Status entspricht aber dem der Pflegefamilie.

Mehr Informationen

zum Thema gibt es unter der Fax-Abrufnummer 09001/25 26 65 53 (1 Minute = 0,62 Euro) bis 2. März 2018. Das Fax-Gerät auf „Polling“ oder „Sendeabruf“ stellen, Fax-Service-Nummer wählen und Starttaste drücken. Kein Fax? Dann senden Sie einen mit 0,85 Euro frankierten Rückumschlag plus 1,45 Euro in Briefmarken unter dem Stichwort „Pflegefamilie“ an: Versandservice, Lerchenstr. 8, 86938 Schondorf .

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