Die Wall Street, die weltgrößte Börse in New York ist in Rekordlaune, die Notenbank Fed gibt mit der Aussicht auf sinkende Zinsen Schub. An der Börse in Frankfurt dagegen ist die Stimmung gedrückt, obwohl auch die Europäische Zentralbank (EZB) eine weitere Lockerung der Geldpolitik andeutet. Marja Kolak, Präsidentin des genossenschaftlichen Bankenverbandes, glaubt sogar, dass der Leitzins noch fünf Jahre bei Null bleibt. Das sorgt am deutschen Aktienmarkt trotzdem nicht für aufgehellte Mienen. Grund: Die Gewinnwarnungen der Unternehmen häufen sich angesichts der gedämpften Konjunkturaussichten, der ungelösten Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China und den Amerikanern und der EU. Die Unklarheit über den Brexit, die Reibereien um den Iran und die Finanzprobleme in Italien kommen dazu. Und niemand weiß, ob die EU-Kommission künftig tatsächlich von Ursula von der Leyen geleitet wird. All das sorgt für Unsicherheit. Und die ist schlecht. Für Unternehmen genauso wie für die Börse.
Am Freitag reihte sich Daimler in die Riege der Unternehmen ein, die vor einem Gewinneinbruch warnen. Bei den Stuttgartern war es sogar das dritte Mal in kurzer Zeit. Dazu kommt ein Milliardenverlust im zweiten Quartal. BASF, BMW und etliche andere hatten ähnliche Negativ-Nachrichten schon davor kundgetan. Auch der Radikal-Umbau der Deutschen Bank überzeugt an der Börse nicht. Schließlich wird es dadurch 2019 wieder einen Milliardenverlust geben und auch im nächsten Jahr drohen rote Zahlen.
Das alles lastet auf dem Deutschen Aktienindex Dax. Auf Wochensicht verliert er gut 200 Punkte und dümpelt zum Wochenschluss knapp über der Marke von 12 300 Zählern. Experten bleiben für die nächsten Monate skeptisch. Im Schnitt erwarten sie, hat das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) ermittelt, für Ende September knapp 12 000 Zähler, Ende des Jahres sollen es 12 115 sein. Allerdings ist die Bandbreite der Prognosen erheblich. Die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) und die Weberbank rechnen für Ende 2019 mit stolzen 13 000 Punkten, die DZ Bank und die Landesbank Baden-Württemberg trauen dem Dax dagegen nur 11 500 Zähler zu.
Helaba-Volkswirt Christian Apelt setzt auf Entspannung im Handelskonflikt USA-China „zumindest solange Donald Trump nicht twittert“. Ulrich Kater, Chef-Ökonom der Deka-Bank warnt dagegen vor Sorglosigkeit. Und Christian Kahler von der DZ Bank rechnet damit, dass die Gewinnprognosen für viele Unternehmen nach unten gefahren werden müssen. Und das deutlich.
ROLF OBERTREIS