LESER FRAGEN – EXPERTEN ANTWORTEN

Wann ist ein Supervermächtnis sinnvoll?

von Redaktion

Gabriele H.: „Wann ist ein sogenanntes Supervermächtnis sinnvoll? Wir haben zwei Kinder und zwei Immobilien (ein selbst genutztes Haus und eine Wohnung, die an eine Tochter vermietet ist). Eine Schenkung kommt nicht infrage, da man ja für einen Notfall Bargeld braucht und die Wohnung verkaufen müsste. Kann der Pflichtteilsverzicht der Kinder auch nach dem Tod des Erstversterbenden erfolgen?“

Das „Supervermächtnis“ ist ein legitimes Mittel, steuerliche Nachteile beim Berliner Testament, bei dem sich Ehegatten gegenseitig als Alleinerben und ihre Abkömmlinge als Schlusserben des Letztversterbenden einsetzen, flexibel auszugleichen. Der Vorteil des Berliner Testaments ist die hohe Absicherung des Gatten. Sein Nachteil: es gehen die Freibeträge der Abkömmlinge zum Erstversterbenden (je Kind 400 000 Euro) verloren. Schon bei Vermögen ab einer Million Euro sollte angedacht werden, gleich die Abkömmlinge mit zu bedenken, um so deren Erbschaftsteuerfreibeträge bereits beim ersten Erbfall zu nutzen. Das Mittel der Wahl ist dabei das Vermächtnis, also die „Zuwendung eines Vermögensvorteils, ohne den anderen als Erben einzusetzen“, § 1939 BGB. Der Vermächtnisnehmer erhält einen Anspruch gegen die Erben auf Übertragung des bezeichneten Gegenstands. Damit hat man das Vermögen steueroptimiert auf mehrere Köpfe verteilt, ohne die Alleinerben-Position des überlebenden Ehegatten infrage zu stellen. Eine erbrechtliche Mitbegünstigung der Kinder bereits im ersten Todesfall widerspricht indes dem zentralen Ziel des Berliner Testaments: der möglichst hohen Versorgungssicherheit des überlebenden Ehegatten.

Weil man bei Abfassung des Testaments nicht weiß, wie hoch das Vermögen im Todesfall sein wird, ob also der länger lebende Ehegatte überhaupt genug zu verteilen hat, ohne seine eigene Alters- und Pflegefall-Absicherung zu gefährden, haben findige Erbrechtler eine als „Supervermächtnis“ bezeichnete Konstruktion ausgedacht. Danach darf der Alleinerbe entscheiden, welches Kind wann welches Vermächtnis in welcher Höhe bekommt. Erforderlich sind allerdings konkrete Vorgaben (der sogenannte Vermächtnis-Zweck), damit der überlebende Gatte das ihm eingeräumte Ermessen bei der Festlegung des Vermächtnisses „richtig im Sinne des Verstorbenen“ ausüben kann. Diese Gestaltung ist extrem flexibel; bei günstigen Vermögensverhältnissen lassen sich die erbschaftsteuerlichen Freibeträge voll ausnutzen, bei Gefährdung der Versorgungssicherheit des überlebenden Gatten kann die Vermächtniserfüllung sogar ganz unterbleiben. Allerdings: Die korrekte Formulierung des Supervermächtnisses ist sehr diffizil und aufwendig, um die Voraussetzungen der erbrechtlichen Formenstrenge zu erfüllen. Und bei gespannten familiären Verhältnissen kann diese Form der Begünstigung Streit provozieren.

Ein Pflichtteilsverzicht nach dem Tod des Erblassers ist nicht mehr möglich. In Ihrem Fall bietet sich die Pflichtteilsstrafklausel an: derjenige Abkömmling, der nach dem Tod des Erstversterbenden den Pflichtteil verlangt, scheidet aus dem Kreis der Schlusserben aus.

Artikel 2 von 5