Wann Winterreifen Pflicht sind

von Redaktion

In Deutschland gibt es keinen festgelegten Zeitpunkt für den Reifenwechsel. Jeder Autofahrer ist aber dazu verpflichtet, die Bereifung seines Autos den Wetterbedingungen anzupassen. Was dies in der Praxis bedeutet, erklären wir in unserem Überblick.

VON PAULINA OHLING

Für Millionen Autofahrer in Deutschland steht der Reifenwechsel an. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Zu welchem Zeitpunkt müssen Winterreifen aufgezogen werden?

Es gibt in Deutschland keinen allgemein festgelegten Zeitpunkt für den Reifenwechsel. Vielmehr schreibt der Gesetzgeber vor, die Bereifung den Witterungsbedingungen anzupassen. Das bedeutet, dass Winterreifen nur bei schlechten Straßenverhältnissen Pflicht sind. Dazu zählen laut Paragraf 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO) Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch sowie Eis- oder Reifglätte.

Sollte man sich auf die O-bis-O-Regel verlassen?

Die allgemeine Faustregel besagt, man solle sein Auto von Oktober bis Ostern mit Winterreifen ausstatten. Auch laut ADAC ist diese Regel hilfreich. Es ist jedoch Vorsicht geboten, da es beispielsweise auch schon vor dem Monat Oktober zu kalten Temperaturen und schlechten Straßenverhältnissen kommen kann. Eine weitere gute Orientierung und Ergänzung ist daher die 7-Grad-Regel, welche besagt, dass bei zunehmender Kälte ab 7 Grad Winterreifen montiert werden sollten. Beide Regeln sind grobe Hinweise, rechtliche Relevanz haben sie jedoch nicht. Der Gesetzgeber setzt beim richtigen Zeitpunkt auf Selbstverantwortung.

Welche Strafen drohen, wenn Autofahrer bei Schnee und Eis keine Winterreifen montiert haben?

Der einfache Verstoß wird mit einem Bußgeld in Höhe von 60 Euro geahndet. Außerdem wird ein Punkt im Fahrerlaubnisregister in Flensburg eingetragen. Werden zusätzlich Dritte behindert, erhöht sich das Bußgeld auf 80 Euro. Kommt es wegen der Benutzung der Sommerreifen bei winterlichen Straßenverhältnissen zu einem Unfall, kann dies zur „erheblichen Leistungskürzung der Kaskoversicherung wegen grober Fahrlässigkeit“ laut Paragraf 81 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) führen. Dies gilt auch bei der Haftpflichtversicherung, da es hier ebenfalls zu einer Mithaftung des Geschädigten kommen kann.

Was gilt im Ausland?

In den für deutsche Winterurlauber wichtigsten Ländern gilt wie auch in Deutschland keine generelle Winterreifenpflicht. Wie das Europäische Verbraucherzentrum erklärt, seien in Österreich beispielsweise Winterreifen nur Pflicht, wenn die Straßen vom 1. Oktober bis zum 15. April mit Schnee und Eis bedeckt sind. In Frankreich können Winterreifen und Schneeketten durch spezielle, je nach Bedarf aufgestellte Schilder vorgeschrieben werden. Genauso sei es auch in der Schweiz. In Italien schreiben Verkehrsschilder je nach Witterung eine Winterreifenpflicht für einen bestimmten Zeitraum vor. Ausnahmen sind das Aosta-Tal sowie die Brennerautobahn, dort gilt vom 15. Oktober beziehungsweise 15. November bis zum 15. April eine generelle Winterreifenpflicht. Bei einer Behinderung des Verkehrs wegen einer ungeeigneten Bereifung bei winterlichen Straßenverhältnissen ist in diesen Ländern außerdem mit einem Bußgeld zu rechnen.

Wie sind Winterreifen gekennzeichnet?

Winterreifen müssen seit dem 1. Januar 2018 mit einem „Alpine“-Symbol gekennzeichnet sein. Das dreigezackte Bergpiktogramm mit der Schneeflocke in der Mitte ist Pflicht für alle Winterreifen, die seit diesem Zeitpunkt hergestellt werden. Das vorher verwendete M+S-Zeichen reicht für neu produzierte Winterreifen nicht mehr aus, M+S-Reifen, die bis zum 31. Dezember 2017 hergestellt wurden, dürfen jedoch noch bis zum 30. September 2024 genutzt werden. Laut ADAC liegen dem neuen Symbol höhere Qualitätsansprüche zugrunde, die Reifen müssen nun bei einem Bremstest Mindestqualitäten nachweisen. Neben der Kennzeichnung mit dem „Alpine“-Symbol ist außerdem eine Mindestprofiltiefe von 1,6 Millimeter vorgeschrieben, der ADAC empfiehlt jedoch ein Profil von 4,0 Millimeter.

Warum sind Winterreifen wichtig?

Bei zunehmender Kälte sind Sommerreifen stark in ihrer Leistung eingeschränkt. Die Gummimischung der Reifen verliert an Elastizität und verhärtet, dadurch geht die Bodenhaftung verloren. Winterreifen haben hingegen eine deutlich weichere Gummimischung, die der Kälte standhält. Außerdem sind sie von wesentlich mehr Profilrillen durchzogen, dadurch können Wasser und Schneematsch schneller abtransportiert werden.

Sind Ganzjahresreifen eine gute Lösung?

Die Vorteile der Ganzjahresreifen sind offensichtlich: Der halbjährige Reifenwechsel entfällt. Auch muss kein zweiter Satz Reifen gelagert werden. Im Test des ADAC schneiden Ganzjahresreifen jedoch nicht gut ab. Im Sommer haben diese Reifen wegen der weicheren Gummimischung als Sommerreifen einen höheren Abrieb und verschleißen somit schneller. Das erhöht den Kraftstoffverbrauch. Auf Schnee haben sie keine so gute Traktion wie herkömmliche Winterreifen. Ganzjahresreifen sind keine optimale Lösung, sondern stellen einen Kompromiss zwischen Sommer- und Winterreifen dar.

Sind Winterreifen im Sommer erlaubt?

Erlaubt ist es in den meisten europäischen Ländern, im Sommer mit Winterreifen zu fahren. Allerdings wird aus Sicherheitsgründen davon abgeraten. Laut ADAC zeigen sich hier beim Bremsen „eklatante Schwächen“. Auf trockener Straße sei der Bremsweg im schlimmsten Fall um 16 Meter länger als mit Sommerreifen. Außerdem sei das Kurvenverhalten auffallend: Bei zunehmender Temperatur sei eine Verschlechterung der Fahrstabilität in Kurven festzustellen, warnt der ADAC.

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