Nachhaltige Anlagen boomen: Lohnen sie sich auch? Und was heißt nachhaltig überhaupt? Wir fragten nach bei der Finanzberaterin Stefanie Kühn aus Grafing.
Alle reden übers Klima. Geldanleger auch?
Ja, das ist aktuell ein großes Thema. Auch bei meinen Mandanten.
Woher kommt das?
Ein große Rolle spielt da sicher Greta Thunberg. Egal, wie man ihr gegenüber stehen mag, sie hat es geschafft, dass das Thema überall auf der Agenda steht.
Wie einfach ist es, nachhaltig zu investieren?
Es gibt inzwischen auf jeden Fall mehr Möglichkeiten als noch vor ein paar Jahren. Und diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren fortsetzen.
Was heißt das?
Dadurch, dass die Nachfrage steigt, gibt es immer mehr Fondsgesellschaften, die sich mit dem Thema beschäftigen und zum Beispiel nachhaltige Aktien-ETFs und normale Fonds auflegen. Das Gleiche gilt für gemanagte Fonds und Rentenfonds. Außerdem kann man natürlich auch direkt investieren – zum Beispiel in Windräder oder in sogenannte Greenbonds.
Was bedeutet „nachhaltig“ überhaupt?
Eine verbindliche Definition fehlt bisher. Deshalb muss man sich jede Anlage genau ansehen. Jeder Anbieter legt eine andere Auswahl zugrunde. Der Dow Jones Global Sustainability Screened ist zum Beispiel ein Index, der den Weltmarkt abbildet und als nachhaltig gilt, aber zum Beispiel fossile Brennstoffe (also zum Beispiel Kohlekraftwerksunternehmen) erlaubt und Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen nicht explizit ausschließt.
Das heißt, der Begriff Nachhaltigkeit wird sehr weit gefasst?
Er bedeutet für jeden einfach etwas anderes. Es gibt Mandanten, für die ist Abtreibung ein Ausschlusskriterium. Eine Anlage, die Aktien eines Pharmakonzerns enthält, der die „Pille danach“ herstellt, käme für sie nicht infrage. Andere halten wiederum die Regulierung der Weltbevölkerung für nachhaltig. So sind auch in den verschiedenen nachhaltigen Indizes unterschiedliche Definitionen vorhanden. Im Dow Jones Global Sustainability Screened sind Nestlé-Aktien eine große Position. Da sagt mancher sicher: „Oh das find ich überhaupt nicht nachhaltig“ und der andere sagt „Wenn das aber die Besten der Branche sind, dann ist das für mich okay“.
Wie sieht es mit der Rendite aus? Muss man bei nachhaltigen Anlagen Abstriche hinnehmen?
In der Vergangenheit waren nachhaltig gemanagte Fonds meistens etwas schlechter, auch die ETFs kamen nicht an den MSCI World heran. Also insgesamt musste man Abstriche hinnehmen. Aber das muss nicht so bleiben. Die aktuelle Diskussion könnte eine Trendwende bewirken.
Was halten Sie von nachhaltigem Crowdinvesting?
Egal ob Green oder nicht Green draufsteht – das ist ein Bereich in dem man ein großes Risiko eingeht. Beteiligungen an Unternehmen bedeuten immer ein Totalverlustrisiko. Man fragt sich da ja schon: Wieso zahlt einer sechseinhalb Prozent, statt sich das Geld von der Bank zu holen?
Also sollte man lieber die Finger davon lassen?
Ich würde meinen Mandanten eine solche Anlage nur empfehlen, wenn sie wirklich nur einen Bruchteil seiner Anlagen ausmacht und er auf das Geld wirklich nicht angewiesen ist.
Viele haben ja bei Windkraft und Solarprojekten ihr Geld verloren.
Den ganzen geschlossenen Fondsbereich würde ich meiden – so grün er auch sein mag.
Ab welcher Rendite sollte man vorsichtig sein?
Wenn für eine Zinsanlage für fünf Jahre mehr als 1,5 Prozent angeboten werden, gibt es immer Risiken. Das gilt aber unabhängig davon, ob es um Nachhaltigkeit geht oder nicht.
Interview: Wolfgang de Ponte